Jetzt wieder aktuell durch den geschlechtergerechten 'Das war morgen'-Podcast des SWR: Science-Fiction-Hörspiele (Utopien von Perry Perkins bis Commander Rhodan) / Spoiler-Warnung !
Nicht alle denken darüber wie manche Vertreter der öffentlich-rechtlichen Hörfunkanstalten: "Die wenigen Science-Fiction-Hörspiele, die von der Schallplattenindustrie produziert wurden, sind ärgerlichste Musterbeispiele nicht nur für alle gängigen Science-Fiction- Klischees, sondern darüber hinaus auch dafür, wie man Ahnungslosigkeit in Ware umsetzt..." (Dieter Hasselblatt)
Vorurteile gegenüber öffentlich-rechtlichen Hörspielproduktionen lauten, sie seien oft künstlerisch hochgradig ambitioniert, elitär und nur in den seltensten Fällen spannend. Wie bei fast allen Vorurteilen gibt es auch hier einen wahren Kern, aber dennoch: Gerade Science Fiction-Freunde wurden mit Genre-Produktionen von den öffentlich Hörfunkanstalten bis zur Jahrtausendwende mehrheitlich ausgesprochen gut bedient.
Zwar ist es erfreulich, dass neue SF-Vertonungen im kommerziellen Bereich anlaufen - wenn diese jedoch bar jeglicher Originalität ausfallen, fällt es schwer, in ihnen eine Bereicherung zu erkennen. Vielleicht riskiert es ja eines Tages irgendein mutiges Hörspiel-Label, eine SF-Reihe zu produzieren, die nicht im schützenden `Windschatten´ einer bereits erfolgreichen Roman- oder TV-Serie vor sich hinadaptiert wird.
In den letzten Jahren wird neben den vielen bewährten Science-Fiction-Radioproduktionen der vergangenen Jahrzehnte noch ein weiterer Vorteil neuerer öffentlich-rechtlicher Hörspiele deutlich: Deren Autorinnen, Produzentinnen und Redakteurinnen sorgen gegenüber kommerziellen Produktionen für geschlechter-gerechte, vielfältige und kultursensible Unterhaltung. Hierfür kann man ihnen nur dankbar sein.
'Der Wächter der verbotenen Welt' Realisiert von Hartmut Lühr mit Sascha Gluth (Artan),Branka Hanisch (Mira),Uta V. Kohlenbrenner (Adra) u.a. 55 Min. | 76 MB |DOWNLOAD / PLAY
'Tag der UFOs' von Hartmut Lühr (2023)
mit Frank Rawel (Kommandant), Karen Suender (Oberst), Alessandro Nania Pacino (Kopilot), Lena Tiemann (Leutn.) 13 Min. | 12 MB | DOWNLOAD / PLAY
Zwar scheint es grundsätzlich erfreulich, dass neue SF-Vertonungen im kommerziellen Bereich anlaufen - wenn diese jedoch bar jeglicher Originalität ausfallen, fällt es schwer, in ihnen eine Bereicherung zu erkennen. Vielleicht riskiert es ja eines Tages irgendein mutiges Hörspiel-Label, eine SF-Reihe zu produzieren, die nicht im schützenden `Windschatten´ einer bereits erfolgreichen Roman- oder TV-Serie vor sich hinadaptiert wird.
REZENSIONEN | 60 Jahre Perry Rhodan Jubiläum, 8. September 1961
Perry-Rhodan-Classics
Die drei Einzel-Hörspiele nach William Voltz "PLANET DES TODES",
"INVASION DER PUPPEN", "AUFRUHR IN TERRANIA" von jeweils ungefähr 40 Minuten Spieldauer erschienen bei Europa in den 70ern. Unter anderem wirkten Horst Breiter, Andreas von der Meden, Marianne Kehlau und Hans Meinhardt mit.
Der Serie lagen drei Perry Rhodan-Romane zugrunde, die jeweils lediglich am Rande etwas mit Perry Rhodan und Reginald Bull zu tun haben. Andere leitende Charaktere aus der Heftserie spielen ebenfalls kaum eine Rolle, was den drei Stories kaum Abbruch tut. Die Umsetzung gelang insgesamt nicht besonders professionell. Wenn man den Produktionen auch ihr frühes Erscheinen in den 70er Jahren nachsieht, so klingen viele Dialoge zeitweilig doch recht gekünstelt. Die weiblichen Rollen spiegeln darüber hinaus ein aus heutiger Sicht ziemlich armseliges Frauenbild wider:
In PLANET DES TODES wehrt sich der Planet Woodlark anscheinend mit allen ihm verfügbaren biologischen Mitteln gegen seine Besiedlung durch die Menschen. Erst ein junger Fotoreporter vermag mit viel Einfühlungsvermögen zwischen den Menschen und der fremden Welt zu vermitteln. Bei dem Hörspiel handelt es sich um ein esoterisch angehauchtes aber dennoch bzw. gerade deshalb hörenswertes kleines Umweltdrama.
In INVASION DER PUPPEN bahnt sich auf einem Kolonialplaneten des terranischen Imperiums eine Verschwörung gegen den Rest der Galaxis an. Ein geheimnisvolles machtbesessenes Plasma ergreift über folkloristisch anmutende Puppen Besitz von den Kolonisten. In dem Hörspiel retten Vater und Sohn (beide Mutanten) gemeinsam die Galaxis vor dem bösen Plasma. Rührend, aber leider nicht sehr spannend.
In AUFRUHR IN TERRANIA planen Aufständische einer terranischen Kolonialwelt ein Attentat auf Julian Tifflor, der Perry Rhodan auf Terra vertritt. Mit Hilfe eines heimtückischen Sprengstoffanschlags soll Tifflor aus dem Weg geräumt werden.
Bei dem Hörspiel handelt es sich um einen ziemlich belanglosen Krimi, der ebensogut wie in der Zukunft auch im Chicago der 20er Jahre spielen könnte (20. Jahrhundert !).
Diese Perry-Rhodan-Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die ungekürzten Erstausgaben als Schallplatte in den 1970er Jahren. Es gab danach zwar später noch andere Veröffentlichungsformen der gleichen Hörspiele vom gleichen Hersteller bzw. dessen Rechtsnachfolgern (CD's, mp3-Downloads u.ä.), aber auf diese beziehen sich die o.g. Rezensionen ausdrücklichnicht.
Perry Rhodan
Die 12teilige Serie mit Uwe Friedrichsen, Judy Winter, Rolf Jülich, Ernst von Klippstein und durchschnittlich ungefähr vierzig Minuten Spieldauer erschien ab 1984 bei Europa ("UNTERNEHMEN STARDUST", "DIE DRITTE MACHT", "MUTANTEN", "DER ANGRIFF DER INDIVIDUAL-VERFORMER", "ALARM IM WEGA-SEKTOR", "MUTANTEN IM EINSATZ", "DAS GEHEIMNIS DER ZEITGRUFT", "ENTSCHEIDUNG IM WEGA-SYSTEM", "DIE SPUR DURCH ZEIT UND RAUM", "DIE GEISTER VON GOL", "PLANET DER STERBENDEN SONNE", "DER UNSTERBLICHE").
Die Hörspielproduktion beginnt handlungsmäßig mit Heft 1 der Trivialromanserie (`Unternehmen Stardust´ von 1961). In elf weiteren Folgen wird die Geschichte Perry Rhodans und der Erde bis hin zur Lösung des `kosmischen Rätsels´ verbunden mit Rhodans Unsterblichkeit erzählt. Was die Besetzung der Rollen anbelangt, wurde seinerzeit beim Quickborner Label EUROPA geklotzt und nicht gekleckert: Mit Uwe Friedrichsen als Perry Rhodan und Judy Winter als dessen weibliche Kontrahentin Thora verpflichtete man zwei durch Theater und Fernsehen sowohl bekannte als auch lange bewährte Schauspielergrößen. Auch die Nebenrollen sind mit erfahrenen EUROPA-Sprechern wie Ernst von Klippstein und Jörg Pleva glücklich besetzt. Bei der Produktion hat man sich außerdem offenbar weitgehend an die Vorstellung des Rhodan-Verlages Moewig gehalten, wovon auch der Name des Drehbuchautors zeugt: Rhodan-Stammautor H.G. Francis. Das Sound-Repertoire der Quickborner Produzenten hält den Anforderungen einer handlungsgeladenen Science-Fiction-Serie stand. Als etwas übertrieben könnte man aus heutiger Sicht vielleicht den ausgiebigen Einsatz dramatischer Orchestermusik als Lückenfüller zwischen den einzelnen Szenen bezeichnen:
In den ERSTEN VIER FOLGEN entdecken die Astronauten Perry Rhodan und sein Begleiter Reginald Bull auf der Rückseite des Erdmondes das havarierte Raumschiff der den Menschen von der Erde technisch zwar weit überlegenen, jedoch zugleich auch degenerierten humanoiden Arkoniden. Diese helfen zusammen mit menschlichen Mutanten der Erde daraufhin bei der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes und befördern die neugegründete `Dritte Macht´ zu einer raumfahrenden Gemeinschaft fortschrittsorientierter Menschen. Das alles erzeugt viel Pathos um das durch den Lauf der Geschichte glücklicherweise überholte Menschheitsproblem auf die Spitze getriebener ideologischer Gegensätze. Was in der Fiktion deutscher Romanautoren aus den frühen sechziger Jahren noch der Hilfe außerirdischer Intelligenzen bedurfte, erledigte sich in der Realität durch den mutigen Gorbatschow sowie den hartnäckigen Ronald Reagan.
In den MITTLEREN VIER FOLGEN wird das nahegelegene Wega-System aufgrund einer Verwechslung von den aggressiven Topsidern überfallen und besetzt. Rhodan entschließt sich, zu helfen. Während er mit Hilfe der Arkoniden und seiner Mutanten die Invasoren vertreibt, stößt er auf die Spur der Unsterblichen, die allen Wesen, die sie erfolgreich in der Galaxis aufspüren, versprechen, ihr Wissen um die Zellerhaltung mit ihnen zu teilen. Das alles liefert für vier Folgen Strategie, Action und somit fast zwangsläufig auch Spannung.
Während der LETZTEN VIER FOLGEN rätseln Rhodan und seine Crew über die knifflige Spur der rätselhaften Unsterblichen. Immer wenn sich Perry dem Ziel nahe glaubt, wird er auf's Neue enttäuscht und seine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Die Prüfungen, denen er sich ausgesetzt sieht, bedrohen ihn, seine Crew und schließlich gar das Leben Unschuldiger. Dennoch gelangt er endlich ans Ziel, welches für die Arkoniden mit einer beklemmenden Einsicht verknüpft ist. Es reicht für einige gelungene Momentaufnahmen fremdartiger Welten in Folge 10 und 11. Der Schluß in Folge 12 bleibt zusammen mit dem Schicksal der Arkoniden offen.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1980er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Maritim-Klassiker
Hauptsächlich um 1978 produzierte das Hamburger `Maritim´-Label mit Friedrich Schütter, Christine Teelen, Michael v. Rospatt, Stephan Chrzescinski, Rolf Mamero, Rüdiger Schulsky, Werner Hoffmann, Joachim Richert und vielen anderen zwei Serien mit jeweils drei Folgen und 50 Minuten Dauer ("PROJEKT S.E.T.I. - SIGNALE AUS DEM ALL"; "ORBIT CHALLENGER - KILLERSATELLITEN GREIFEN AN"; "ORBIT CHALLENGER - SPACE SHUTTLE ENTERPRISE"; "DAS GEHEIMNIS DER MAYAS"; "DAS GEHEIMNIS DER VERSUNKENEN STADT TIAHUANACO"; "DAS GEHEIMNIS DER PYRAMIDEN") sowie einen Zweiteiler zu jeweils ungefähr 40 Minuten ("ANTARES 8: WELT-ALARM"; "ANTARES 9: VERRÄTER AN BORD") und ein `nachgeschobenes´ Hörspiel ("DAS GEHEIMNIS DES BERMUDA-DREIECKS") zu ungefähr 60 Minuten Dauer.
Zu einem Zeitpunkt als die kommerzielle Hörspielwelt noch weitgehend in Ordnung war, produzierte das Hamburger Maritim-Label eine professionelle Science-Fiction-Reihe mit insgesamt 8 Hörspielen Umfang. Bevor es dann später nach dem Verkauf um das Label ruhiger werden sollte, erschienen die Tonträger noch eine Weile lang unter dem Label Auditon. Die Besetzung besonders der beiden Dreiteiler `Science Fiction Documente´ und `Die Zeitmaschine´ nach P. Bars konnte u.a. mit Namen wie Friedrich Schütter, sowie den aus anderen Hörspielserien bekannten Renate Pichler und Stephan Chzescinski aufwarten. Die Produktionen `Science Fiction Documente´ wie auch die `Zeitmaschine´ bestechen durch ihre ausgesprochen solide und unaufgeregte Umsetzung, bei der auf billige Effekthascherei und übermäßigen Musikeinsatz vollständig verzichtet wurde. Der Zweiteiler `Antares 8´ und `Antares 9´ nach Heinz Kühsel fällt hingegen gegenüber den anderen beiden Serien etwas ab, was mit einem anderen Produktionsteam und der Zielgruppenausrichtung auf jüngere Hörer zu erklären sein könnte. Die beiden Hörspiele sind fast vollständig von einem eigenen Soundtrack untermalt, der allerdings die jeweilige Atmosphäre gut trifft und verhältnismäßig unaufdringlich sowie originell daherkommt (Edgar Schlepper auf einem Synthesizer-Oldtimer):
Das ForschungsPROJEKT S.E.T.I., das Signale aus dem All aufspüren soll, empfängt ausgerechnet in dem Moment, in dem ihm vom amerikanischen Senat die Gelder gestrichen werden sollen, Signale von Barnards Stern. Doch nicht nur das: Wenig später funken die Barnards von der Rückseite des Erdmondes, dass sie dort gestrandet sind und Hilfe benötigen. Die Wissenschaftler wollen helfen, die irdischen Militärs verfolgen jedoch andere Ziele. Hierbei handelt es sich um ein Action- aber nicht handlungsarmes Hörspiel mit glaubhaft dargestellten Charakteren, in dem der Ost-West-Konflikt noch voll zum Tragen kommt.
Die internationale zivile Raumstation ORBIT CHALLENGER wird von Killer-Satelliten, die von der Erde aus gesteuert werden, attackiert. Der Kampf scheint aussichtslos, da es auf der Erde viele Kräfte gibt, die gegen die Station sind und man daher nicht weiß, wer hinter den Anschlägen steckt. Ein gut durchdachtes, aufschlußreiches und aufregendes Weltraumdrama.
Ein Wissenschaftler auf ORBIT CHALLENGER erhält Besuch von seinen beiden Söhnen. Seine Experimente scheinen kurz darauf sabotiert zu werden. Die beiden Söhne haben schnell einen Handlungsreisenden aus dem Space Shuttle Enterprise in Verdacht, für die Anschläge verantwortlich zu sein: Leidet der Mann etwa unter dem mysteriösen Orbit-Koller ? Eine Geschichte durchaus nicht nur für jüngere Hörer, obwohl die beiden Hauptdarsteller Kinder sind. Das Ende wartet überdies mit einer Überaschung auf.
Professor Bailey hat eine ZEITMASCHINE entwickelt, die er, bevor er sie der Weltöffentlichkeit vorstellt, noch ausführlich testen will. Daher begibt er sich mit seiner Crew auf die Reise durch die Zeit, die sie an aufregende Orte zu ereignisreichen Epochen führen soll. Da die Zeitmaschine auf der Reise beschädigt wird, ist man immer wieder einigen Turbulenzen ausgeliefert. Zudem stoßen der Professor und sein Team häufig auf die Spuren Außerirdischer, die sich offenbar öfter als einmal in die Menschheitsgeschichte eingeschaltet haben. Dies sind gut recherchierte Geschichten, die um eine interessant beschriebene und buntgemischte Gruppe von Menschen herum inszeniert wurden.
Hinter dem GEHEIMNIS DES BERMUDA-DREIECKS und dem Verschwinden mehrerer Schiffe stecken zeitreisende Menschen aus der Zukunft. Mit dieser in Stil und Inhalt an die `Zeitmaschinen´-Serie angelehnten Produktion wollte man bei Maritim scheinbar noch einmal an den Erfolg der anderen Kurzserien anknüpfen. Dies gelang nicht wirklich.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1970er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Utopia SR447
Als über zahlreiche Jahrzehnte hinweg nachhaltig wichtige Science-Fiction-Reihe erscheint 'Space Ryder SR447' (Abenteuer des Einsatzkommandos des solaren Sicherheitsdienstes).
Im 75minütigen Zweiteiler SPACE RYDER SR447 ("DAS UNHEIMLICHE RAUMSCHIFF"; "DIE PYRAMIDE DES EISPLANETEN") von Nevil Yd, das bereits 1967 öffentlich-rechtlich über den Äther ging und ab Ende der 70er Jahre auch als Kassettenversion erhältlich war, sprachen neben Frank Rehfeldt noch Alexander Herzog, Marlies Kreipe, Werner Eichhorn, Werner Hanfgarn, Hans Georg Andree und Gerhard Retschy und andere: Eine Crew des solaren Sicherheitsdienstes verschlägt es auf die Spuren einer überlegenen Zivilisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, von jeder Rasse intelligenter Lebewesen in der Milchstraße ein Exemplar zu konservieren. Der Zusammenhalt des Teams wird auf eine harte Probe gestellt. Eine für Jugendliche konzipierte Handlung mit einigen für eher noch jüngere Hörer geschriebenen Dialogen. Ausgezeichnete, leider in so gut wie keinen anderen Hörspielproduktionen mehr auftauchende Darsteller (vermutlich Theaterschauspieler). Minimaler Musikeinsatz, dieser dafür absolut pointiert. Beispielhafte Umsetzung, die das Engagement der Sprecher gut zu den Hörern transportiert. Die Geschichte befürwortet für menschliche Unternehmungen im All allerdings nachdrücklich die Einhaltung eines hierarchischen `Führerprinzips´, was vermutlich für jugendliche Hörer etwas bedenklich ist, was allerdings gleichzeitig ebenfalls sehr vielen erfolgreichen US-amerikanischen SF-Filmproduktionen zu eigen ist (Siehe die Star Trek-Serien).
Es gibt auch unter jüngeren Hörern relativ viele Freunde der Serie, die sich in den sozialen Medien häufig missmutig über das vermeintlich fehlende bzw. offene Ende des Zweiteilers auslassen. Diesen Moserern sei an dieser Stelle gesagt: Ihr habt keine Ahnung! Mit der Aufforderung von Bio-Hirn 1 und Bio-Hirn 2 an die überlebenden Raumfahrer und ihren Roboter 'in die Kammer zu gehen', wird dem Einsatzteam des solaren Sicherheitsdienstes ein sehr kommoder Ausweg via Zeitreise in die Vergangenheit aus dem deprimierenden Aufenthalt im 'Turm' aufgezeigt, wie sie ihren verlorengeglaubten Kameraden Scott unversehrt wiedertreffen, als Team wieder komplett sein und die 'Pyramide des Eisplaneten' (='Turm'?) unversehrt verlassen können. Wenn das kein befriedigendes Finale ist ... !
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1980er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Science-Fiction-Hörspiel-Serien
Ende der Siebziger Jahre kamen zwei wenig überzeugende Hörspiel-Zweiteiler auf den Markt: Zum einen die DIE ABENTEUER DER ALPHA CENTAURI, zum anderen EIN UFO KOMMT SELTEN ALLEINE. In den Centauri-Folgen `Die Roboter kommen´ und `Im All verschollen´ sind zwei der bekanntesten Stimmen des deutschsprachigen Raums der siebziger und frühen achtziger Jahre in den tragenden Rollen zu hören: Mister `Internationale Hitparade´ Wolf Dieter Stubel sowie Miss `Tagesschau´ Dagmar Berghoff. Beide waren als Sprecher mit ausgesprochen ästhetischem Timbre in Radio und Fernsehen sehr prägnant und eigentlich ohne Konkurrenz. Als Darsteller im Hörspiel scheinen sie jedoch vollkommen deplaziert und überfordert, da sie nun einmal keine routinierten Schauspieler waren. Man hört dies leider in jeder Sekunde des drögen Zweiteilers, der seine konfusen Handlungen und seine schon beinahe `preußisch´ anmutende Detailverliebtheit in Pseudo-Weltraumgesetze und Vorschriften nicht mit Leben zu füllen vermag. Nicht viel besser sieht es leider bei den `Ufo´-Folgen `Vol. 1´ und `Vol. 2´ aus, wenn auch umgekehrt: Die routinierten Darsteller können eine naive und enervierend moralisierende Geschichte um lernbegierige Außerirdische leider nicht in ein akzeptables Hörvergnügen verwandeln. Eine Art Waldorfschule im Weltall, der auch ihre pophistorischen Anspielungen à la `Amanda Lear´ keine Punkte bei den Hörern bescheren.
Nicht wirklich eine Bereicherung zu erkennen vermag man auch in der Mitte/Ende der Achtziger Jahre erschienenen Serie LORDS OF SPACE von Rudolf Leubner - obwohl es begrüßenswert scheint, dass auch abseits der nahezu vollständig marktbeherrschenden Europa- und Maritimstudios professionelle Hörspiele zu produzieren versucht wurden. Zwar zeichnen sich in den sechs erschienenen Folgen interessanterweise bereits Themen wie `Virtual Reality´ ab, die filmisch dann erst einige Jahre später z.B. in der Matrix-Reihe verarbeitet wurden. Die Umsetzung der detailverliebten Handlung mit der über längere Passagen unbeteiligt und auch leicht gelangweilt wirkenden Sprechercrew geriet jedoch leider wenig überzeugend.
In der Mini-Serie RAUMSCHIFF GALAXIS aus den späten Achtzigern verschlägt es eine Crew von Menschheits-Überlebenden auf ihrer Suche nach einer neuen Heimatwelt in unsere Nachbargalaxis Andromeda, wo es einige Herausforderungen zu bestehen gilt. Die Serie verzichtet immerhin auf plumpe Action, wie man sie aus allzu vielen Vertonungen für Jugendliche kennt. Sie wartet dafür mit reichlich wissenschaftlichen Erläuterungen auf, die hin und wieder ganz interessant aber wenig unterhaltsam sind. Obwohl zahlreiche (eher mäßig gute) Sprecher an der Produktion beteiligt sind, werden sämtliche Rollen so gut wie kaum charakterisiert, so dass sich die Hörer nicht mit den Protagonisten identifizieren können. Der Mehrwert dieser sicher gut gemeinten Vertonung erschließt sich auch beim aufgeschlossenen Hören nicht.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1980er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Einzeltitel
Als SF-Hörspiel-Einzeltitel scheinen 'Krieg im All', 'Raumschiff UX3 antwortet nicht', sowie 'Alarm im Weltraum' nennenswert.
In KRIEG IM ALL von H.G. Francis, das Ende der Siebziger bei Europa erschien und knapp über eine halbe Stunde läuft, wirkten neben Brigitte Kollecker noch Christian Mey, Volker Brandt, Hans Meinhardt und andere Schauspieler mit. Die Handlung scheint bis auf den Austausch der Namen der Hauptakteure nahezu identisch mit der des Films `Krieg der Sterne´ - bombastischer Soundtrack, annehmbare Effekte, routinierte Sprecher in einem müden Hollywood-Abklatsch.
Im Schallplatten-Klassiker von 1969 RAUMSCHIFF UX3 ANTWORTET NICHT von Bert Varell mit etwas über einer halben Stunde Spieldauer sind neben Hans Clarin noch Horst Stark, Michael Paelchau, Ingrid Andree, Helmut Lange und einige andere bekannte Schauspieler zu hören: Die Besatzung des Raumschiffs UM9 geht auf Rettungsexpedition, um das verschollene Schwesterschiff UX3, das in einem fremden Sonnensystem gestrandet ist und von den dortigen Bewohnern überfallen wurde, zu retten.
Wohl das erste deutschsprachige kommerzielle SF-Hörspiel mit nennenswerter Auflage überhaupt. Hans Clarin als Commander Tex Terry klang vor nunmehr über 50 Jahren naturgemäß noch erstaunlich frisch. Die recht oberflächliche Handlung wird ergänzt durch eine abwertende (beinahe `rassistische´) Darstellungsweise der Außerirdischen. Bemerkenswert ist im negativen Sinne die Äußerung des Commanders über sein einziges weibliches Crewmitglied: "Sie ist als Frau für uns keine Belastung und überhaupt ganz in Ordnung..." Zwischen den Begriffen `Galaxie´ und `Sonnensystem´ wird in dem temporeichen Stück irritierenderweise nicht unterschieden.
Das Hörspiel BESUCH AUS DEM WELTRAUM hat den Untertitel "Eine Sonne explodiert", dauert ungefähr vierzig Minuten, erschien in den Siebzigern und kann unter anderem mit Friedrich Schütter als Sprecher aufwarten: Überlebende von drei untergegangenen Planeten machen sich auf den Weg zur Erde, auf der man Verwandte von sich wähnt. Die Geschichte ist für eine Kaufschallplatte (bzw. MC) erstaunlich komplex, besonders was die Beziehungen der beteiligten RaumfahrerInnen untereinander anbelangt. Die Handlung ist merkbar auf mehr als eine Folge angelegt, zu einer Fortsetzung des Hörspiels kam es jedoch nicht. Sehr befremdend wirkt heute der vorherrschende extrem militärische, beinahe `preußische´ Tonfall des Raumschiffkommandanten. Hierzu passt auch die fast antik anmutende spärliche Musikuntemalung durch eine frühe Elektro-Orgel. Dies alles erinnert beinahe ein wenig an Raumpatrouille Orion - ohne deren Niveau zu erreichen.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1970er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Mehr Einzeltitel
Als weitere SF-Hörspiele besprechen wir kurz 'Jan Tenner' und kommerzielle SF-Hörspiele aus den 60ern.
Zwischen 1980 und 1989 erschienen 45 Folgen der Serie JAN TENNER. Sie wirkt bestenfalls wie der Versuch einer deutschen Ausgabe von Flash Gordon. Die Gordon-Abenteuer bei Europa sind gute Unterhaltung und nicht gerade bekannt für ihre übertriebene Tiefe. Im Vergleich zu Jan Tenners Niveau jedoch wirken sie geradezu wie philosophische Literatur. Die Handlung in Westland, in Greyville und in Westland-City erscheint dermaßen zäh und vorhersehbar, dass man sich wundern muss, wie die berühmt-berüchtigte Autorenlegende H.G Francis die Hörspielskripte für die ersten sieben Folgen scheinbar ohne Skrupel an Kiosk verkaufen konnte. Vermutlich hat man ihm dort enge inhaltliche Grenzen gesetzt - ganz enorm enge. Die Figuren bleiben in allen Folgen oberflächlich und entwickeln sich kaum, die Inszenierung geriet träge und hausbacken. Selbst die Namensgebung erscheint unelaboriert (Professor Zweistein, 'Leonen', Professor Futura etc.). Sehr bedauerlich - man hätte die verfügbaren Mittel und die nicht unbeachtliche Vertriebsstruktur von 'Kiosk' auch für eine Serie mit etwas mehr Esprit und Witz einsetzen können. Immerhin scheint die Reihe eine gewisse Lücke gefüllt zu haben, sonst wäre sie sicher viel eher eingestellt worden.
Bei ROBOTER R7 AUßER KONTROLLE handelt es sich wie auch beim Schwesterhörspiel GEFAHR FÜR DIE ERDE um eine Weltraumabenteuer-Vertonung des Labels 'Europa' aus dem Jahr 1969. Der junge Andreas von der Meden spielt einen von seinem vorlauten Roboter genervten Raumschiffkommandanten. Das eher für junge Hörer konzipierte Stück vermag immerhin kurzfristig zu unterhalten. Das ebenfalls in den Siebzigern erschienene Hörspiel ABENTEUER IM WELTALL scheint ebenfalls für junge und arglose Hörer produziert worden zu sein. Die solide Vertonung der dünnen Story um einen Angriff fremdartiger Fledermäuse auf ein Raumschiff, der noch dazu brutal abgewehrt wird, kann immerhin mit dem hervorragenden Schauspieler Gerd Baltus als Erzähler aufwarten.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1980er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Noch mehr Einzeltitel
Abschließend besprechen wir noch den Erich-von-Däniken-Zweiteiler 'Götter aus dem All' und einige SF-Einzelhörspiele.
Mit RAUMKONTROLLSCHIFF WEGA I hat sich Wolfgang Ecke, seines Zeichens erfolgreicher Kinderkrimi-Autor, im Science-Fiction-Genre versucht. Der Ausflug missglückte gründlich. Das Stück mit dem Untertitel "Das Geheimnis des Planeten Drudu" enttäuscht so ziemlich alle der ohnehin nicht sehr hoch geschraubten Erwartungen: Bei der Geschichte um den Fluchtversuch einer Gruppe Verbannter von einem Gefägnisplaneten handelt es sich schlicht und einfach nicht um einen Science-Fiction-Stoff. Die anmaßende Genrewahl muss vielmehr verdecken, dass die dünne Geschichte ohne einen nachvollziehbaren 'Clou' auskommen muss. Sie hätte ebensogut auf der amerikanischen Gefängnisinsel Alcatraz spielen können. Immerhin wurde das Hörspiel mit ruhiger Hand und solide realisiert - das ist aber auch alles.
Der Hörspiel-Zweiteiler DIE GÖTTER AUS DEM ALL nach Erich von Däniken mit den beiden Folgen 'Landung in den Anden' sowie 'Atlantis - Experimente mit Menschen und Monstern' kann als Comic-Adaptionen trotz routinierter Sprecher wie Wolfgang Kieling, Konrad Halver und F.J. Steffens nicht überzeugen, da er mit purem Aktionismus statt mit überzeugender Handlung zu punkten versucht. Da helfen auch die Sound-Effekte eines Kino-Kassenerfolgs von George Lucas nichts. Die stets niedlich-burschikose Fernsehansagerin Hanni Vanhaiden wirkt in der Hauptrolle des Atlantis-Hörspiels wenig glaubwürdig. Bei LIL BOLDERS STERNENKINDERn hingegen lagen die Erwartungen nicht sehr hoch und konnten daher auch kaum enttäuscht werden. Im 'Kampf gegen Sator' muss die bunte Truppe um Lil gegen einschläfernde Synthesizer-Harmonien frisch aus der Tonstudio-Hausorgel ankämpfen. So machte man beim Label Delta Music aus der Not eine Tugend, nicht auf Hollywood-Weltraumgeräusche zurückgreifen zu können: Problem sympathisch gelöst.
'VERSCHOLLEN IM WELTRAUM', das 1971 erschien, ist leider ein sehr unspannender und uninspiriert eingesprochener Bürokratie-Science-Fiction, der sich keinesfalls empfiehlt.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1980er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Commander Perkins
Die Serie COMMANDER PERKINS nach H.G. Francis mit zunächst sechs plus später noch einmal drei weiteren Folgen zwischen 33 und 40 Minuten Spieldauer ("DAS TOR ZU EINER ANDEREN WELT"; "IM STROM DER UNENDLICHKEIT"; "DAS GEHEIMNIS DER UFOS"; "BORDON, DER UNSTERBLICHE"; "SATURN RUFT DELTA-4"; "EXPEDITION IN DIE VERGANGENHEIT"; "VERSCHOLLEN IN DER UNENDLICHKEIT"; "DER GALAKTISCHE WAFFENMEISTER"; "DAS MITTLERE AUGE") erschien Ende der siebziger beziehungsweise Anfang der achziger Jahre bei Europa. Die Hauptpersonen wurden gesprochen von Horst Stark, Gernot Endeman, Gaby Libbach, F.J. Steffens, Mathias Lorenz und anderen.
Vermutlich DIE SF-Hörspielserie der 70er Jahre. Geschrieben wurde sie von dem damals noch recht unverbrauchten H.G. Francis, der seinerzeit jedoch schon Science-Fiction-Erfahrungen als Perry Rhodan-Autor gesammelt hatte. Das Besondere an der Serie stellt das vom Autor über immerhin 6 Folgen durchgehaltene Aufeinander-Aufbauen der Handlung zu einer wirklich umfangreichen Geschichte dar. Dies ist um so mehr zu würdigen, als kommerzielle Hörspielverlage es wegen des geringeren ökonomischen Risikos meist vorziehen, in sich abgeschlossene Einzelfolgen einer Serie zu veröffentlichen. Auch die teilweise größeren Zeiträume zwischen den einzelnen Veröffentlichungen machten dieses Unterfangen vermutlich nicht einfacher. Anfang der 80er Jahre schob EUROPA wegen des Erfolges der ersten 6 Teile noch einmal 3 Folgen nach, die jedoch im Vergleich zu ihren Vorgängern merklich abfielen. Mit der Serie eng verbunden ist seit den 70er Jahren der Name ihres Hauptdarstellers Horst Stark. Seine forsche, beinahe gedrillt wirkende Darstellungsweise des Commander Perkins hat seither keine Nachahmung gefunden. Zur Seite stand ihm mit Gernot Endemann ein bekannter Bühnenschauspieler. Überhaupt war die Perkins-Serie beinahe ein reines Männerprojekt: Sie kam in 9 Folgen mit lediglich einer einzigen (!) Frauenrolle aus.
FOLGEN 1-6: Professor Common hat einen Dimensionsbrecher erfunden, mit dem Menschen den interstellaren Raum ohne Hilfe von Raumschiffen überwinden können. So gelangen sie auch auf die Wega, deren Bewohner aus zunächst unbekannten Gründen ein tiefes Mißtrauen gegenüber den Menschen auszeichnet. Als es dann noch zu einigen tragischen Zwischenfällen zwischen den Menschen von der Erde und den menschenähnlichen Bewohnern der Wega kommt, scheint eine militärische Auseinandersetzung beinahe unvermeidlich ... Spätestens ab der dritten Folge entläßt die Serie ihre Hörer nicht mehr aus ihrem Bann.
Die Darsteller sind engagiert, die etwas actionlastige Handlung wird ergänzt durch psychologisch interessante Ausführungen die Verständigung mit einer völlig fremden Zivilisation betreffend.
FOLGEN 7-9: Mit Hilfe des Dimensionsbrechers haben die Wissenschaftler von Delta-4 den Planeten `Arrow´ erreicht, der über und über mit den Raumschiffwracks hochtechnisierter Weltraumfahrer bedeckt ist. Die irdischen Militärs sind begeistert, dann begeht jedoch ein Wissenschaftler einen gefährlichen Fehler. Er macht die Bewacher des Planeten auf die bis dahin im Verborgenen operierenden Menschen aufmerksam. Das ruft die galaktische Großmacht des `mittleren Auges´ auf den Plan, der der Dimensionsbrecher von Professor Common ein Dorn im Auge ist ... Atmosphärisch düster angelegter Dreiteiler, dem man sein Entstehen in einer Zeit des Wettrüstens alleine schon durch seine antimilitaristische Orientierung anmerkt. Recht actionlastig mit einer sehr dichten Szenenfolge. Der abgehackte Schluss bleibt etwas unbefriedigend.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1980er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
FIKTION
Fiktionales Gespräch mit M. Gaida
Wer in den Achtziger Jahren unkonventionelle und respektlose Hörspiele hören wollte, der kam auf Dauer nicht an den Stücken von M. Gaida vorbei. Nach großen Erfolgen, wie z.B. dem Hörspielpreis der Kriegsblinden im Jahr 1990, wurde es seit Mitte der 90er Jahre recht ruhig um den in Berlin lebenden Autor.
Mittlerweile erleben seine Stücke eine kleine Renaissance: Im Internet stehen seine Klassiker wie `Auf zur Venus´ ganz oben auf den Wunschlisten mp3-tauschwilliger Hörspielfreunde und auch Open-Air-Aufführungen von z.B. `Apocalypso oder äußerst besorgt - zutiefst befriedigt´ können sich über mangelnden Zulauf nicht beklagen.
Insbesondere seine Science-Fiction-lastigen Stücke erfreuen sich mit dem Aufkommen moderner Verfahren zur Datenkomprimierung in Internet-Tauschzirkeln von Hörspielfreunden seit einiger Zeit großer Beliebtheit. In einem fiktionalen Interview antwortet Autor M. Gaida auf die Frage, ob ihn dies freue, zustimmend:
Dass bei 'diesen Internetgeschichten' der Urheberschutz der Autoren aber auch anderer an der Produktion von Hörspielen beteiligter Personen weitgehend auf der Strecke bleibe, sei ihm persönlich ziemlich egal. Er sei kein Vertreter des rigiden Copyright. Diese Einstellung sei zwar manchmal defaitistisch und selbstzerstörerisch - Aber grundsätzlich seien wir doch alle nur Medien, die Einfälle und Intuitionen haben. Das wären immer nur Dinge, die in uns eintreten, durch uns hindurch finden usw. Eine sozusagen egalitäre Veranstaltung, weswegen seiner Meinung nach bezüglich kultureller Inhalte niemand wirklich sagen könne `Dies oder jenes ist meins.´ Es liefe zwar in der Praxis tatsächlich trotzdem so ab, insbesondere vorangetrieben durch Amerika und den Kapitalismus, aber letztendlich sei das in seinen Augen ein Witz: Wir alle hätten Teil an einem großen Zirkus, wobei wir aber lediglich Empfänger seien. Diese Metapher mit den Radioempfängern habe er ja zum Beispiel auch in `Auf zur Venus´ thematisiert.
Vorurteile über kommerzielle Science-Fiction-Hörspiele
Die Einstellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu kommerziellen SF-Hörspielproduzenten gibt Dieter Hasselblatt in seinem Aufsatz `Radio im Konditional - Über Science Fiction und Hörspiel´ wider. Darin schreibt er u.a.: "Die wenigen Science-Fiction-Hörspiele, die von der Schallplattenindustrie produziert wurden, sind ärgerlichste Musterbeispiele nicht nur für alle gängigen Science-Fiction- Klischees, sondern darüber hinaus auch dafür, wie man Ahnungslosigkeit in Ware umsetzt... ."[aus: Deutsches Rundfunkarchiv (Hg.): Horst G. Tröster: Science Fiction im Hörspiel 1947-1987, Frankfurt a.M., 1993, S. 9-34]
So sehr einige Kritikpunkte von Hasselblatt auch zutreffen mögen, der beinahe unverhohlene Neid eines Vertreters der öffentlich-rechtlichen Senderbürokratie auf die flexiblen produktions- und verbreitungsmäßig ungleich wirkungsvolleren Möglichkeiten kommerzieller Anbieter entgeht dem Leser hierbei nicht. Was nutzt es denn, wenn man in den Rundfunkanstalten anspruchsvolle und zugegebenermaßen oft auch unterhaltsame Genre-Hörspiele produziert, wenn diese kaum an Jugendliche und Jungerwachsene als Hauptzielgruppe dieser Literaturgattung herangetragen werden ? Es ist sicher bedauerlich, dass man es beim öffentlich- rechtlichen Rundfunk über Jahrzehnte nachlässigerweise versäumt hat, sich die Lizenzrechte der verwendeten Tonquellen wirkungsvoll zu sichern, so dass man gelungene Produktionen, mit denen es private Produzenten keinesfalls aufnehmen können, schon weil sie selten über vergleichbare finanzielle Mittel verfügen, heute nicht vermarkten kann.
Wenn der SF-interessierte Hörer in den Hörbuch-Regalen der Kaufhäuser noch bis vor wenigen Jahren lediglich auf Douglas Adams und vielleicht einige wenige Uralt-Kamellen á la Stanislaw Lem stieß, dann sollte man sich mittlerweile in den Rundfunkhäusern nicht damit begnügen, auf die Kommerziellen zu schimpfen, sondern lieber versuchen, lizenzrechtlich zu retten, was noch zu retten ist und schleunigst aktuellere Stoffe veröffentlichen.
Um aber doch noch ein wenig Ehrenrettung für den `Schmachredner´ Dieter Hasselblatt zu betreiben, sei an dieser Stelle auf sein 1983 produziertes SF-Hörspiel Fix und Fertig (Siehe nachfolgende Tabelle) verwiesen, in dem er ein beklemmendes, psychologisch ausgefeiltes und zugleich spannendes Hörbild einer künftigen (bzw. heute schon beinahe verwirklichten) Mediendemokratie zeichnet. Die Schauspieler Judy Winter und Wolfgang Kieling machten dieses Werk zu einem kurzweiligen Hörerlebnis mit bitterem Nachgeschmack.
Es ist wirklich bedauerlich, dass der nachwachsenden Generation der Genuß solcher Werke wegen der pseudo- elitären und medienökonomisch fragwürdigen Haltung einiger (nicht aller !) öffentlich-rechtlicher Entscheidungsträger verwehrt bleibt.
KURZREZENSIONEN
Die besten 5 SF-Hörspiele nach unserer Wertung
Die fünf bestbewertesten öffentlich-rechtlich produzierten Science-Fiction-Hörspiele aus unserer Liste mit Kurzrezensionen sind in aufsteigender Folge:
Das Stück 'Leute wie wir' von Donovan O`Malley aus 1983 handelt von einer vom Krankenbett aus beobachteten feindlichen Invasion heimtückischer Wesen, die von der Rückseite des Mondes stammen. Ausgezeichneten Sprecher um Katharina Thalbach gestalten dieses häusliche und zugleich außerirdische Drama sowohl witzig als auch packend.
Aus 1977 stammt die SF-Mediensatire 'Fix und Fertig', die eine Gesellschaft aufzeigt, in der alle wichtigen politischen Kontroversen in reißerischen Talkshow-Duellen ausgetragen werden, bei denen auch mal Menschen auf der Strecke bleiben. Die grandiosen Sprecher Judy Winter und Wolfgang Kieling füllen die ausgefeilte Dramaturgie von Autor Dieter Hasselblatt mit bedrückendem Leben.
Die 'Angst unter Bäumen' machte Ursula K. LeGuin 1985 zum anspruchsvollen SF-Krimi: Eine Planetenexpedition, die von einem Telepathen unterstützt wird, den alle anderen Teilnehmer wegen seiner Fähigkeiten und Schwächen hassen, gerät in Schwierigkeiten. Begleitet wird das Ganze mit sehr guten Dialogen, wenig Action und teilweise atmosphärisch dichter Beklemmung.
'Auf zur Venus' schickte Michael Gaida 1982 seine Protagonisten, die sämtlich nur knapp der Psychopathologie entflohen zu sein scheinen. Die Behörden auf der Erde entledigen sich fünf psychisch auffälliger Menschen mit Hilfe des Raumschiffs 'Skarabäus', das die lästigen Mitbürger zur Venus verfrachten soll. Während des Fluges bricht auf der Erde ein Atomkrieg aus, doch auch im Weltall bleibt man an Bord des `fliegenden Mistkäfers´ nicht unbehelligt. Nicht gerade jugendfreies aber dennoch großartiges Meisterwerk von Michael Gaida !
Der 'Science Fixion' (Schreibweise ausdrücklich mit 'x') von Peter Jacobi wurde im Jahr 1980 realisiert und hat eine futuristische Talkshow im Mittelpunkt, die sich des Falls des freiwilligen Drogenabstinenzlers Harry Haller annimmt - und das bitterböse, humorvoll, bedrückend, sexy und glänzend besetzt. Hörspiele wie dieses können noch den größten Muffel
zum Science-Fiction-Fan machen.
PROFITUM
Öffentlich-rechtliche Science-Fiction-Hörspiele
Diese Seite plädiert dafür, Vorurteile der Art gegenüber
öffentlich-rechtlichen Hörspielproduktionen außer acht zu lassen, sie seien oft künstlerisch hochgradig ambitioniert, elitär und nur in den seltensten Fällen spannend. Wie bei fast allen Vorurteilen
gibt es auch hier einen wahren Kern, aber dennoch: Gerade Science Fiction-Freunde werden mit Hörspielproduktionen dieses Genres von den öffentlich-rechtlichen Hörfunkanstalten mehrheitlich ausgesprochen gut bedient.
SF-Hörspiele öffentlich-rechtlicher Machart weisen sich nach Ansicht der HöRSPIELer in ihrer Mehrzahl durch besondere Eigenschaften aus, die sie deutlich von SF-Produktionen kommerzieller Anbieter abheben. Sie sind meist ohne Zeitdruck unter der Regie erfahrener Realisatoren produziert; Bei der Schauspielerauswahl spielt die Gage eine nachgeordnete Rolle; Im Durchschnitt haben öffentlich- rechtliche SF-Hörspiele eine längere Spielzeit, in der es möglich ist, komplexere Inhalte mit dramaturgisch ausgereiften Dialogen darzustellen; Auf das `Strecken´ von Laufzeiten mit Hilfe aufwendiger Musik wird fast immer verzichtet; Produziert werden die SF- Hörspiele zudem überwiegend für eine erwachsene Zielgruppe, was sich positiv auf das Niveau der Inhalte auswirkt, da Alibi-Kinderrollen wegfallen. Als `Traumpaar´ des deutschsprachigen SF-Hörspiels können, was Qualität als auch Quantität ihres Erscheinens anbelangt, mit Fug und Recht Karin Anselm und Walter Renneisen angesehen werden. Die ehemalige `Tatort´-Kommissarin, der man seinerzeit vorwarf, im Fernsehkrimi zu farblos zu agieren, sowie der Theater- und Filmschauspieler haben sich in dutzenden von Science-Fiction-Hörspielen (überwiegend aus Süddeutschland), für die beide ein hörbares Faible besitzen, im Duett aber auch als Solisten mehr als bewährt.
Oben genannte Vorzüge gelten mit Einschränkungen für Produktionen, die bis ungefähr Mitte der 90er Jahre realisiert wurden. Danach wirkte sich nach Einschätzung der HöRSPIELer der Qualitätsabbau der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch hier nachteilig aus. Nichtsdestotrotz sind die Archive der Sender gefüllt mit zahlreichen anspruchsvollen, originellen und oft auch spannenden SF-Hörspielen, die immer wieder einmal im aktuellen Hörfunkprogramm wiederholt werden. Die HÖRSPIELer versuchen im Folgenden, eine kleine Übersicht sich aufgrund gewisser Datenkomprimierungsverfahren neuerdings wieder verstärkt im Umlauf befindlicher SF-Vertonungen anzubieten. Die Punktevergabe für die mittlerweile über 200 Kurzrezensionen
erfolgte nach rein subjektiven Kriterien:
ZUSATZ: Diese Hörspielseite fühlt sich dem Streben nach Gleichstellung, Gleichberechtigung, Feminismus, Antidiskriminierung, Antirassismus, Antifaschismus, Klimarettung und vor allem der Geschlechtergerechtigkeit verpflichtet. Die Punktevergabe für die nachfolgenden mittlerweile über 200 Kurzrezensionen von Science-Fiction-Hörspielen aus über fünf Jahrzehnten bitten wir unsere Besucherinnen und Besucher daher bei Werken von weiblichen Autoren selbständig jeweils um drei Bonuspunkte gegenüber der vorliegenden Bewertung zu erhöhen, womit ein Ausgleich für viele Jahre der patriarchalen und heteronormativen Unterdrückung von Frauen im vertonten Science-Fiction-Genre hergestellt werden soll. Vielen Dank. (Stand 12/2021)
REZENSIONEN
Douglas Adams
In den Jahren 1981, 1991 und 1999 wurden die Serien "PER ANHALTER INS ALL" (Teil 1-6), "PER ANHALTER INS ALL" (Teil 7-15) sowie das Einzelhörspiel "RAUMSCHIFF TITANIC" zu jewels 300, 360 und 130 Minuten Länge mit Siemen Rühaak, Rolf & Markus Boysen, Felix von Manteuffel, Matthias Fuchs, Martin Seifert, Frank Stöckle, Nina Weniger, Frauke Poolman, Jens Wawrczeck und vielen anderen veröffentlicht.
Wohltuend ist dem `Anhalter´ anzumerken, dass seine Realisatoren keinem großen Druck ausgesetzt waren, die facettenreichen Handlungsstränge aus Adams Romanen in ein begrenztes Zeitformat zu pressen.
Was die schauspielerischen Qualitäten der Sprecher anbelangt, sind die Darsteller aller Adams-Adaptionen gut ausgewählt. Lediglich die Stimmen von Dent und Prefect, den Hauptfiguren des Anhalters, klingen einander leider sehr ähnlich, was dazu führt, dass sie über weite Strecken der Serie kaum auseinanderzuhalten sind. Markus Boysen fällt mit seiner immer wieder recht selbstgefällig und klamaukhaft überzogen wirkenden Darstellung des `Ford Prefect´ leider negativ auf. Die Soundkulissen sämtlicher Adams-Vertonungen sind ab der ersten Produktion mit steigender Tendenz bedauerlicherweise recht bombastisch ausgefallen, was beim Hörer nach einiger Zeit durchaus zu einen Brummschädel führen kann:
In den ersten sechs Folgen von PER ANHALTER INS ALL reist Ford Prefect, menschenähnlicher Urbewohner von Ursa Minor, durch die Galaxie, um ein Handbuch für Billigreisen durch den Weltraum auf den neuesten Stand zu bringen. Hierbei landet er schließlich auch auf der Erde in England, wo er einige Zeit verweilt und sich sogar mit dem terrestrischen Eingeborenen Arthur Dent anfreundet. Doch die gemütliche Zeit ist schnell vorüber: Arthur und Ford gelingt es gerade noch rechtzeitig, per Anhalter in einem Raumschiff der Vogonen von der Erde zu fliehen, als diese sich daran machen, die Erde für den Bau einer galaktischen Umgehungsstraße zu sprengen. Originelle Einfälle in Folge sowie motivierte Sprecher und eine angemessene Umsetzung bescheren den Hörern eine gelungene Weltraumexpedition.
In den letzten acht Folgen von PER ANHALTER INS ALL werden Arthur Dent und Ford Prefect nach einem kurzen unfreiwilligen Zwischenstop in der Frühgeschichte der Menschheit wieder in die Gegenwart zurückgeholt. Hier gilt es nun, die Galaxis vor den Cricket-Kriegern zu schützen, die alle Lebewesen, die nicht vom Planeten Cricket stammen, auslöschen wollen. In dieser gegenüber dem ersten Abschnitt des `Anhalters´ sehr stark abfallenden Vertonung nach Douglas Adams werden neben dem Tohuwabohu einer chaotosch erscheinenden Handlung leider auch übertrieben moralisierende Töne über Krieg, Frieden und Gerechtigkeit angeschlagen, was dem Hörerlebnis starken Abbruch tut.
In RAUMSCHIFF TITANIC wird eine Gruppe von Erdenbürgern auf eben dieses pompöse Gefährt entführt, einer Art intergalaktischem Luxusliner. Fehlprogrammierte Roboter, die fremdartigen Sitten und Gebräuche der anderen Passagiere und vor allem eine aus Versehen aktivierte Selbstzerstörungsvorrichtung machen den Mitreisenden auf ihrem Flug schwer zu schaffen. Diese dem `Anhalter´ angelehnte Erzählung lässt nur noch wenig von dessen Originalität spüren. Eine handvoll mehr oder weniger (eher weniger) amüsanter Einfälle reicht nicht aus, 130 Minuten Hörspiel-Unterhaltung zu gewährleisten. Die Bemühungen der Darsteller sowie streckenweise infantil anmutende Sprachschöpfungen ("Smurf-Wumme" etc.) und eine gegenüber dem `Anhalter´ gesteigerte Portion Sex vermögen es nicht, die Hörer über die sich hinziehenden und mitunter nervtötenden Handlungsstränge hinüberzuretten.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstausstrahlungen im öffentlichen Rundfunk und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Flash Gordon
Als stilprägend für das SF/Fantasy-Genre scheint 'Flash Gordon' (Der Superstar im Reich der Sterne) nennenswert.
Im Zehnteiler FLASH GORDON ("DER SUPERSTAR IM REICH DER STERNE"; "MING´S RÜCKKEHR"; "DIE SKLAVENJÄGER DES MING"; "SIEG ÜBER TÖDLICHE GEFAHREN"; "DIE VERRÄTERIN AUS DEM EWIGEN EIS"; "BRUKKA, DER FEUERGOTT"; "DAS GRÜNE UNGEHEUER"; "RÜCKKEHR ZUR ERDE"; "DIE BESTIE AUS DEM WELTALL"; "DAS TOR DES UNHEILS"), dessen Folgen im Schnitt vierzig Minuten laufen und der Anfang der 80er Jahre bei Europa erschien, spielten neben Lutz Mackensy noch Heidi Schaffrath, Gottfried Keller, Jürgen Thormann und zahlreiche andere Mimen mit. Die erste Folge ist handlungsmäßig identisch mit der des gleichnamigen Kinofilms. Auf dem Planeten Mongo, der unter der Herrschaft des Tyrannen Ming steht, haben die dorthin verschlagenen Erdenbürger Flash Gordon, dessen Freundin Dale Arden und Professor Zarkov zahlreiche Abenteuer zu bestehen. Das Ergebnis ist ist eine Science Fiction-Serie mit starken Einschlag in Richtung Fantasy.
Die `Kinofilm´-Folge 1 wurde adäquat in die Hörspielform transponiert. Ansonsten wird hauptsächlich auf die Vermittlung oberflächlicher und ziemlich belangloser Action gesetzt. Dies ist um so enttäuschender, als mit Gottfried Keller und Jürgen Thormann zwei ausgezeichnete Schauspieler zur Verfügung standen, deren Talent lediglich ansatzweise zur Geltung kommen konnte. In den Folgen 5-7 brilliert immerhin die unnachahmliche Marianne Kehlau als undurchsichtige und herrische Königin Freya. Auch überschreitet die Serie hin und wieder gekonnt Genregrenzen, etwa in Richtung Krimi ('Die Verräterin aus dem ewigen Eis'), Richtung Kammerspiel ('Das grüne Ungeheuer') oder Richtung Horror ('Die Bestie aus dem Weltall'). Lutz Mackensy schließlich füllt seine Titelrolle als Superheld glaubwürdig und streckenweise auch erfreulich selbstironisch mit Leben. Autor H.G. Francis lieferte mit dieser Produktion, die viel eher als die überflüssige Mammut-Serie des selben Labels um die sogenannten 'Meister' des Universums weitere Fortsetzungen verdient hätte, insgesamt unterhaltsame Arbeit ab.
Die zweiteilige FLASH-GORDON-Vertonung ("DAS GEHEIMNIS DES SKLAVEN-PLANETEN"; "DIE RAUMFALLE") von Telefunken aus der Mitte der Siebziger Jahre muss leider trotz zum Teil gut beleumdeter Sprecher wie Konrad Halver und Franz-Josef Steffens als total misslungen angesehen werden, da es sich bei den Werken viel eher um Krach- und Kreischorgien handelt als um Hörspiele.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1980er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Die große Reise
Im Jahr 1981 veröffentlichte Maritim vier Folgen ("EIN UFO MACHT ÄRGER"; "WIRBEL IM MONDLIFT"; "ROTE ELEFANTEN AUF DEM JUPITER"; "BEGEGNUNG IM ALL") zwischen 50 und 60 Minuten Dauer der Serie DIE GROßE REISE von Alfred Krink mit Manfred Steffen, Renate Pichler, Konrad Halver, Thiemo Krink, Stephan Chrzescinski, Rolf Jahnke, Katharina Matz, Wolf Dieter Stubel und einigen anderen. Was beim aktuellen Rolf-Zuckowski-Bashing unterzugehen droht: Der hanseatische Barde besorgte sehr gekonnt und passend die Musik für diesen Mehrteiler.
Die Reihe `Die große Reise´ ist für Kinder und Erwachsene konzipiert. Was auf den ersten Blick wie ein etwas platter Marketing-Spruch erscheint, erweist sich nach dem Hören als durchaus zutreffende Beschreibung der Stücke: Kinder werden spannend und humorvoll unterhalten und auch Erwachsene bekommen viel Stoff zum Schmunzeln geboten. Zu einer Zeit als den tonangebenden Medienhäusern im Hörspielbereich noch an niveauvoller Kinder- und Familien-Unterhaltung mit humanistischem Anspruch gelegen war -also Anfang der 80er Jahre- entstand unter dem Label Maritim ein Serien-Highlight. Für die damaligen Macher des Maritim-Labels typisch, wurden die Stücke hochkarätig besetzt und handwerklich vorbildlich realisiert.
EIN UFO MACHT ÄRGER: Die Familie Hermes ist auf dem Weg zum Mond, um von dort aus eine `große Reise´ zu den benachbarten Planeten zu unternehmen - Da wird Jelly von einem Ufo entführt und körperlich verändert. Ein etwas zäher Einstieg in das Weltraumabenteuer mit amüsanten Anspielungen auf die Fortschrittsgläubigkeit.
WIRBEL IM MONDLIFT: Im Mondlift angekommen gehen die Probleme weiter: Eine nicht frei im Handel erhältliche Tarnfarbe sorgt für Verwirrung und ein Passagier des Lifts verlässt die Fähre in einem fehlerhaften Raumanzug. Recht witzige Dialoge dank einiger skurriler Liftpassagiere begleitet von schrägen Wortschöpfungen futuristische kulinarische Leckerbissen betreffend.
ROTE ELEFANTEN AUF DEM JUPITER: Endlich ist die Familie Hermes vollständig im Raumschiff auf dem Mond versammelt. Mit einem getarnten blinden Passagier an Bord startet die Reise zu den sonnenfernen Planeten. Ein Besatzungsmitglied ist kauziger als das andere. Professor Nös eigenwilliges Obst-Modell des Sonnensystems ist anschaulicher als mancher Himmelsatlas.
BEGEGNUNG IM ALL: Das Expeditionsschiff `Golden Pilgrim´ ist schon ziemlich weit von der Erde entfernt, da trifft es auf ein Oldtimer-Raumschiff. Die Stimme des Kommandanten kommt den Mitgliedern der Familie Hermes sehr bekannt vor. Ein erstaunlich lebensnahes Beispiel für die menschlichen Auswirkungen von Langzeit-Aufenthalten im Weltraum vermag die Hörer zum Schmunzeln zu bewegen - Die Schilderung von Jellys Geburtstagsfest geriet zwar originell aber auch etwas betulich. Serienende eben ...
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstveröffentlichungen in den 1980er Jahren und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
REZENSIONEN
Widerliche Zeiten
Aus zehn turbulenten Folgen ("DAS DING AUS DEM SUMPF"; "LAWINE ÜBER SHITTNEY"; "FLUCHT VOR DEM MONSTER"; "EIN BUTLER SPIELT FALSCH"; "STREIT IM WELTALL"; "KRIEG DER SÄNGERINNEN"; "EIN GURU MISCHT MIT"; "PRÜFUNGEN DES WAHNSINNS"; "DIE ROBOT-KILLER"; "SCHLOSS IN TRÜMMERN") aus der Feder von Abraham Greenbaum mit jeweils ungefähr 40 Minuten Dauer bestand zwischen 1984 und 1986 die Serie Widerliche Zeiten, bei der Stars und Sprecher wie Priscilla Greenbaum, Miss Arry Laine, Friedrich Anvil und Abe Greenbaum mitwirkten.
Improvisierte stand-up-comedy eines Hamburger Piratensenders aus den 80ern, die ursprünglich als trashiges Spin-Off zu Loriots Ansagerinnensketch startete. Damals in der Kategorie Humor/Klamauk beheimatet würde man die für Kinder und Jugendliche konzipierte Serie heute neudeutsch wohl als Comedy/Trash einordnen. Teilweise recht amateurhafte Elemente stehen in dieser Serie zahlreichen sehr gelungenen Augenblicken gegenüber: Die schrägen Schwestern Mathilde und Doris Newton leben mit ihren Partnern Ottokar und Heinrich in wilder Ehe auf Schloss North Cothelstone Hole auf dem turbulenten Planeten Wega. Beide teilen sowohl ihre Liebe zu Buttermilch als auch die Neigung zu lautstarken Auseinandersetzungen:
Die vier Hauptfiguren auf der Spur des `kosmischen Rätsels´, welches Ihnen die Unsterblichkeit verschaffen soll. Eine eigenwillige Mischung aus `Schloss Mordabrunn´ und `Perry Rhodan´ (Folge 1-3).
`Heini´ und die anderen bauen ein Raumschiff, mit dessen Hilfe sie den Planeten `Barnard´ erreichen wollen. Auf dem Flug dorthin macht ihnen ein blinder Passagier zu schaffen. Ein heftiger und witziger Streit unter zickigen und irren Raumfahrern (Folge 4-5).
Mathilde und Doris haben die Raumfahrerei satt und starten beide jeweils konkurrierend eine Sangeskarriere. Ein früher Vorgriff auf 'Deutschland sucht den Superstar'. Durchaus ähnlich absurd. Und natürlich fliegen bei den Mädels die Fetzen (Folge 6-8).
Doris gerät in den Einfluss der weganischen Guru-Religion. Typisch für sie wird sie sogleich fanatisiert und steigt bis zum neuen `Großguru´ auf. Leider ist sie keine besonders friedliche Herrscherin ... Auch der letzte Abschnitt der Saga geriet an vielen Stellen erfreulich schräg und äußerst komisch (Folge 9-10).
EINZELREZENSION
Angst unter Bäumen
Nach einigen Jahren des Kälteschlafs gelangt die Besatzung eines irdischen Forschungsraumschiffes
auf einen Planeten, auf dem außer Pflanzen scheinbar keinerlei anderes Leben existiert. Die Stimmung innerhalb der Besatzung ist stark angespannt. Der telepathisch begabte `Sensor´ des Teams schafft sich unter den anderen Besatzungsmitgliedern durch seine feindselige Art permanent neue Gegner. Es kommt zu unerklärlichen Ereignissen - Anscheinend ist der Planet doch nicht so leblos, wie er zunächst wirkte und ausgerechnet der `Sensor´ Osden scheint mit dessen Intelligenz in Kontakt treten zu können.
Das Stück von Ursula K. LeGuin behandelt das traditionelle SF-Thema der Telepathie. Alleine an der musikalischen Untermalung von Frank Duval ist erkennbar, daß das Stück in der Tradition von `Per Anhalter ins All´ produziert wurde. Cornelia Froboess als die süffisante Haito Tomiko gibt eine einfühlsame aber durchaus auch ihren menschlichen Schwächen nachgebende Expeditionsteilnehmerin ab. Die Feindseligkeiten unter den Crewmitgliedern werden in intelligenten und zugespitzten kammerspielartigen Dialogen sehr glaubwürdig dargestellt. Auch der sehr passend besetzte Felix von Manteuffel wirkt als notorisch auf Krawall gebürsteter autistischer Telepath derart unnahbar und gefühlskalt, dass man dankbar ist, mit ihm nicht an Bord eines Expeditionsgefährts in heikler Mission reisen zu müssen. An Bord des Raumschiffes sind weder eindeutige Heldinnen noch eindeutige Loser auszumachen, was ganz klar eine der Stärken dieses Stückes ausmacht. Auch dass einerseits ein äußerer Feind existiert, dieser aber andererseits eigentlich gar keine Rolle spielt, bzw. nicht wesentlich zu den Konflikten zwischen den Besatzungsmitgliedern beiträgt, macht mit den Charme dieser knapp einstündigen Produktion von 1985 aus.
Es reüssieren ein gute Story, sehr gute Dialoge und wenig Action - und das teilweise klaustrophobisch bedrückend und atmosphärisch dicht.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstausstrahlungen im öffentlichen Rundfunk und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
Vier besonders reizvolle Science-Fiction-Hörstücke liegen Freunden des Genres in doppelter Ausführung vor. Einige Fassungen erfolgten in großem zeitlichen Abstand zueinander, andere nahezu parallel. Das Hören der verschiedenen Ausführungen der gleichen Stoffe mit unterschiedlichen Sprechern unter alternativer Regie ist sehr reizvoll ...
DOPPEL-REZENSION
Daisy Day
Das reichlich degenerierte Ehepaar Green fliegt nicht ganz freiwillig mitsamt Tochter und Ausflugsrakete in nicht allzu ferner Zukunft vom hypermodernen New York II ins veraltete und daher verlassene New York I. Dort treffen sie auf eine Handvoll Menschen, die dem allgegenwärtigen Konsumterror der neuen Stadt entflohen sind. Problematisch wird es, als Hubschrauber aus New York II, die davon ausgehen, dass die abgesperrte Stadt menschenleer ist, eine tödliche Fracht aus Reinigungschemikalien zur Demonstration kompromissloser Hygiene über New York I ablassen ...
Es existieren zwei Vertonungen dieser klassischen und etwas makaberen Science-Fiction-Groteske. Beide wurden entsprechend der Entstehungszeit adäquat inszeniert jeweils mit gelungener Besetzung, besonders was die Familienmutter anbelangt. In der Vertonung von 1968 wird diese von der Komödiantin Edda Seippel unter der Regie von Reinhard Zobel schön überbetulich und etwas bräsig gespielt. In der Version von 1984 überzeugt vor allem die aus 'Ein Herz und eine Seele' sehr gut bekannte Elisabeth Wiedemann als naiv-vertrottelte postmoderne Konsumentin in ihrer Rolle als Familienmutter, die sich in einer furchtbar veralteten Stadt ohne jeden Komfort zurechtfinden muss. Aber auch Willy Semmelrogge mimt unter der Regie von Andreas Weber-Schäfer sehr nachvollziehbar das verweichlichte treudoofe Familienoberhaupt.
Die Kritik an der Konsumgesellschaft wirkt überwiegend aus der Situation entstanden und erscheint daher glücklicherweise nicht aufgesetzt. Originelle Story, gute Sprecher, recht spannend mit einem fiesen Finale. Die Zweitvertonung von 1984 wirkt peppiger und spritziger als die 16 Jahre ältere aber dennoch ebenfalls hörenswerte Vorgängerin. Der 1935 in Essen geborene vielschreibende und bekannte SF-Autor Hermann Ebeling schuf mit 'Daisy Day' einen nahezu zeitlosen unterhaltsamen Klassiker des Genres, der ohne erhobenen moralischen Zeigefinger einen nachdenkenswerten konsumgesellschaftskritischen Inhalt transportiert.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstausstrahlungen im öffentlichen Rundfunk und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
DOPPEL-REZENSION
Andromeda
Außerirdische, deren Beweggründe wegen stark eingeschränkter Kommunikationsmöglichkeiten schwer einzuschätzen sind, funken genetische Baupläne für Übermenschen zur Erde. Wissenschaftler und Militärs sind unbedarft bzw. skrupellos genug, die Pläne umzusetzen. Der weibliche Übermensch, der daraufhin im Labor nach den Bauplänen der Aliens gezüchtet wird, überrascht sowohl die Feinde als auch die Verteidiger der Menschheit mit unerwarteten Emotionen und verfällt dem einzigen Wissenschaftler, der den Wahnsinn gegen viele Widerstände stoppen will. Die Handlung des Stücks von von Fred Hoyle und John Elliot ist für das Alter der Story (1962) erstaunlich aktuell.
Die gelungenere erste Vertonung von 1970 unter der Regie von Manfred Marchfelder kommt nahezu als Hippie-SF mit jeder Menge psychedelischer Musik daher, was in diesem Fall etwas ungewohnt aber trotzdem - oder gerade deshalb - ausgesprochen passend wirkt. Christoph Quest in der Hauptrolle als Wissenschaftler Dr. Fleming spielt den Helden grandios menschlich, nachdenklich sowie wunderbar ironisch und durfte als diese von ihm verkörperte Person sogar eine weibliche Kollegin sexuell unverbindlich etwas necken - das war Anfang der Siebziger Jahre kurz nach 'Flowerpower' noch problemlos möglich, heute wäre es natürlich zu recht unzulässig. Auch Henning Schlüter ist hervorzuheben, der derart passend besetzt wurde, dass man tatsächlich verwirrt sein könnte, ob es sich bei ihm um einen schauspielernden Militär-Oberst oder einen obermilitärischen Schauspieler handelt. Mit Sibylle Gilles ist als ehrgeizige Wissenschaftlerin ebenfalls sehr eindringlich nicht gut Kirschen essen.
Die Zweitvertonung aus Österreich unter der Regie von Ferry Bauer zehn Jahre später geriet akzeptabel. Engagierte und teilweise ebenfalls prominente und erfahrene, aber etwas blasse Sprecher und keine Hippie-Musik lassen diese Zweitvertonung des spannenden Stoffes immer noch über dem Durchschnitt der Science-Fiction-Hörspiele aus dieser Zeit rangieren.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstausstrahlungen im öffentlichen Rundfunk und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
DOPPEL-REZENSION
Sieg über bzw. zurück in die Tiefe
In 'Sieg über die Tiefe' bzw. 'Zurück in die Tiefe' nach einer Geschichte von William M. Lee arbeitet ein Forscherteam in einer künstlichen kleinen Stadt unter Wasser. Überwacht und beschützt wird es von einer Bohrplattform aus, von wo aus man sich bald Sorgen über seltsame Veränderungen macht, die mit der Wissenschaftlern in den Tiefen des Meeres vor sich gehen. Aber helfen lassen wollen sich die Unterwasser-Pioniere von den 'ausgebremsten' Landmenschen dennoch nicht gerne. Denn Veränderungen müssen nicht immer negativ sein - Es kommt zumindest auf die Perspektive, von der aus man sie betrachtet, an.
Die Handlung des Stückes ist kurzweilig und macht, obwohl etwas vorhersehbar, Spaß, da die zwei vorhandenen Vertonungen mit ihren jeweils eigenen Akzenten und auch einigen größeren inhaltlichen Abweichungen voneinander sehr gut geraten und beide auf jeden Fall uneingeschränkt zu empfehlen sind.
Die WDR-Produktion von 1978 in der Regie von Dieter Carls wartet mit einer bewährten Science-Fiction-Sprecherriege der Siebziger Jahre auf: Friedhelm Ptok, Hermann Ebeling und Harry Wüstenhagen sind Hörspielfreunden aus anderen Genre-Stücken gut vertraut und enttäuschen auch diesmal nicht. Diese Vertonung erscheint als die solidere und routiniertere der beiden vorliegenden Versionen.
Die Version des Süddeutschen Rundfunks von 1981 unter der Regie von Andreas Weber-Schäfer wirkt dagegen, obwohl drei Jahre später in den etwas gesetzteren Achtzigern realisiert, geringfügig frischer und 'kecker' als der Vorgänger aus der Zeit der letzten Ausläufer des 'Punk'. Besonders Manfred Schott - vielen auch bekannt als Synchronstimme von Dr. McCoy aus 'Raumschiff Enterprise' - darf hier oft eine recht kesse Lippe wagen, die man von dem Schauspieler auch bereits aus seinen Off-Kommentaren in den 'Schulmädchen-Reports' gewohnt war. Trotz dieser wenigen sexistischen Anwandlungen wirken die Darstellungen der Sprecher sehr glaubwürdig.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstausstrahlungen im öffentlichen Rundfunk und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
DOPPEL-REZENSION
Notlandung
Die Geschichte, die der 'DDR'-Autor Rolf Schneider um eine 'Notlandung' zweier Astronauten auf einem unwirtlichen Planeten entwirft, verwirrt und unterhält die Hörer auf unspektakuläre aber dennoch interessante Weise. Wie gehen der Techniker und sein Vorgesetzter mit der scheinbar aussichtslosen Situation auf dem fremden Himmelskörper, auf dem es keine Nahrung gibt, um - zumal einer von beiden dann noch Kontakt mit dort ansässigen entmaterialisierten Außerirdischen aufnimmt ? Von der Mission zurückgekehrt muss der Techniker einem Untersuchungsausschuss fragen bezüglich der von ihm auf dem Rückflug an seinem Vorgesetzten festgestellten Veränderungen beantworten und hat dabei keinen guten Stand. Hatten die Außerirdischen auf dem lebensfeindlichen aber dennoch auch ruhig und friedlich wirkenden Planeten auf irgendeine Art noch unerwartet nachhaltigen Einfluss auf die Astronauten ?
Die erste Realisation des Stoffes unter der Regie des Autors vom Radio der DDR aus 1973 gibt die Handlung gut wieder. Science-Fiction-Hörspiele waren damals - zumal im Ostblock, der ironischerweise eigentlich von sich meinte, die menschenfreundliche Utopie bereits in seinen Staaten ausreichend umgesetzt zu haben - noch recht ungewohnt in der Rezeption und wohl auch in der Produktion, so dass man hier über eine durchschnittliche Vertonung der bemerkenswerten Geschichte nicht weit hinauskam.
Die zweite Vertonung aus dem Jahr 1977 lebt unter der Regie von Bernd Lau von ihren zwei sehr charismatischen, markanten und vor allem gegensätzlichen Sprechern Ernst Jacobi sowie Christian Brückner: Jacobi mimt überzeugend den pflichterfüllten Ingenieur, Brückner den zweifelnden und träumenden Missionsleiter, der den Annäherungsversuchen der zwar körperlosen aber dennoch oder gerade deshalb verführerischen außerirdischen Sirene, elegant gesäuselt von Marianne Lochert, erliegt und mit dem Techniker in einen grundsätzlichen Disput darüber gerät. Die sehr ruhig und nüchtern inszenierte Version des Stückes überzeugt vollständig.
Diese Hörspiel-Rezensionen beziehen sich ausschließlich auf die jeweiligen Erstausstrahlungen im öffentlichen Rundfunk und nicht auf spätere Veröffentlichungen auf Tonträgern oder Sounddateien.
AUßER KONKURRENZ
Der Wächter der verbotenen Welt
Einst waren sie die besten Freunde. Jetzt treffen sie über einer verlassenen Maschinenwelt als Rivalen aufeinander: die Kommissarin, der Sektenführer und der Wächter. Artan will den Beneix-Planeten für seine Sekte okkupieren. Wächter Matt hat die Aufgabe, eben dies zu verhindern. Und Kommissarin Mira möchte mit Artan noch eine offene Rechnung begleichen. Abgelenkt von ihrer Privatfehde vernachlässigen Mira und Artan die Gefahr, die von dem Planeten und seinem Mond ausgeht. Vom Wächter haben sie indes keine Hilfe zu erwarten, ist dieser doch ausgerechnet jetzt dabei, Gefühle für sein virtuelles Bordfunktionssystem zu entwickeln. Eine düstere Ménage à trois im Weltraum von Hartmut Lühr ...
Bereits heutzutage finden immer weniger Bürgerinnen und Bürger der offenen Gesellschaft zum gemeinsamen Verweilen zusammen. Wie mag sich dies erst in 140 Jahren verhalten, immer vorausgesetzt, dass die den drittnächsten Planeten zur Sonne beglückende Menschheit bis dahin durchhält ohne sich selbst chemisch, bakteriell, atomar oder klimatisch auszulöschen ?
Fragen über Fragen wie geschaffen für einen utopischen Seelenstriptease-Thriller: In 140 Jahren messen wir Liebe in Bits und Bytes ... paradisische Aussichten oder Schreckensvision ?
Sind Frauen in digitaler Form ihren Vorgängerinnen aus Fleisch und Blut vorzuziehen ? Gehen Männer im gesetzten Alter leichter aus ideologischen Gründen über Leichen als frischverliebte Jungspunde vom Uni-Campus ? Bietet die bemannte Raumfahrt und die damit einhergehende Expansion der Menschheit nicht ideale Möglichkeiten für auf der Erde unbeliebt gewordene religiöse oder sexuelle Sekten, ungestört im Weltall Kolonien zu errichten und dabei engstirnige Menschenrechte zurückzulassen ? Ist die Ausbreitung der Spezies Homo Sapiens im Weltall eigentlich politisch korrekt ?
Kann einem durch das Auflisten enervierender Fragen durch Internet-Schreiberlinge die Neugier auf eine möglicherweise ungewöhnliche und spannende freie Autoren- Hörspielproduktion genommen werden ?
FIKTION
Fiktionales Interview mit M. Gaida
Der bezeichnenderweise in Hamburg geborene Michael Gaida studierte Philosophie und Soziologie, ist Schriftsteller und Graphiker. Seit 1980 verfasste er zahlreiche Science-Fiction-lastige Hörspiele, die in Kennerkreisen über großes Ansehen verfügen.
Ab den Neunziger Jahren wurde es jedoch ruhiger um ihn und er nicht mehr ausreichend von den Hörfunksendern mit Aufträgen bedacht, was rückblickend ein unverzeihliches Versäumnis ist. Er wurde ab diesem Zeitpunkt offen von den Hörspielabteilungen als der typische Repräsentant der 80er Jahre taxiert, weswegen er öfter zu hören bekam, seine Stücke seien nicht mehr zeitgemäß - eine schlimme Fehleinschätzung, die kaum nachzuvollziehen, denn Gaidas Texte waren seinerzeit stilistisch vergleichsweise singulär. Kaum ein anderer arbeitete auf diese dem Theater recht anverwandten Weise. Zwar gibt es im weitesten Sinne Ähnlichkeiten, Näherungen zu einigen wenigen anderen Autoren. Aber in letzter Konsequenz gebrauchte Gaida für seine Schreibweise eine äußerst fragmentarische und von den Anschlüssen her sehr offene Form. Die mangelnde Unterstützung oder gar Ablehnung sowie das offensichtliche Nichtvorhandensein einer kleinen Nische für seine Kunst führte vermutlich zu Frustration bei dem Hörspielmacher, die glücklicherweise aber irgendwann auch wieder überwunden war.
Demnach kommen unkonventionelle Inhalte kaum an den Gatekeepern der öffentlich-rechtlichen Hörfunkstationen vorbei, die einfach nicht aufgeschlossen, vielfältig und bunt genug sind. Zwar gebe man sich nach Gaida hier und dort immer wieder zwar auch experimentierfreudig, aber eben vorwiegend 'nur' bei der `Radio-Art´, wo es unverbindlich und somit risikofrei sei. Ansonsten gebe es eine ideologische Barriere, die der Science-Fiction-freundliche Autor mit seiner Arbeit leider nicht überwinden könne. In den Massenmedien herrsche dem Autoren großartiger Werke, wie 'Apocalypso - oder Äßerst besorgt, zutiefst befriedigt' ein enormer wissenschaftspositivistischer Konservatismus, der sich vor allem in der Unaufgeschlossenheit bezüglich gewisser wichtiger Themen manifestiere.
Sehr viele deutschsprachige Hörspielautoren, die sich dem Science-Fiction-Genre verschrieben haben, gibt es nicht. Michael Esser ist eine der rühmlichen Ausnahmen, die vom öffentlich-rechtlichen Hörfunk nicht ignoriert werden. Stefan Nickels, Wissenschaftsjournalist und früherer Aufbauhelfer des inzwischen eingestellten Hörbuchmagazins `HÖRWELT´, interviewte den in Hamburg lebenden Esser, Jahrgang 1955, vor zehn Jahren anlässlich des `Space Day´.
Esser gibt unter anderem Auskunft über Weltallwetter, sogenanntes `Space Weather´, was im ersten Moment etwas seltsam klingt. Es handele sich allerdings um keinen Scherz, sondern um einen wissenschaftlich fundierten Wetterbericht über das Weltallwetter um die Erde herum, die sich schließlich in der Atmosphäre der Sonne befinde, die unser Wetter stark beeinflusse.
Es ist gut zu wissen, dass Astronomen auch in Zukunft, wenn die Menschheit ins Weltall aufbrechen wird, immer noch genug zu tun haben und in ihrem Wirkungsbereich nicht auf die Erde beschränkt sein werden.
Weiter bemängelt Esser die Fokussierung neuerer Science Fiction auf zunehmend wissenschaftliche Aspekte und technische Spielereien. Hierbei kämen seiner Ansicht nach die menschlichen, um nicht zu sagen die sozialpsychologischen Aspekte zu kurz, die sich wesentlich interessanter gestalteten als effektbeladener Schnickschnack aus dem Computer.
Zumindest in dieser Hinsicht besteht beim Medium `Hörspiel´ glücklicherweise keine allzu große Gefahr, dass man die Rezipienten zu sehr mit oberflächlichen Spielereien von einem schlechten Drehbuch ablenken könnte. Man kann nur hoffen, dass wenigstens beim Hörfunk noch recht viele Redakteurinnen Michael Essers Ansichten teilen. Aber vielleicht besteht ja auch für das kommerzielle SF-Hörspiel noch Hoffnung. Blicken wir einfach mit Zuversicht in die Zukunft und vermiesen wir uns nicht mit zweifelnden Gedanken diesen `Earth day´.
Die Tiefenpsychologie spielt eine wichtige Rolle in der Traumdeutung. Die Tiefenpsychologie ist eine psychologische Theorie, die sich mit dem Unbewussten und den inneren Konflikten und Wünschen des Individuums befasst. Sie geht davon aus, dass unser Verhalten und unsere Emotionen nicht nur durch bewusste Gedanken und Erfahrungen beeinflusst werden, sondern auch durch unbewusste Prozesse und Erinnerungen.
In der Traumdeutung wird die Tiefenpsychologie verwendet, um die Bedeutung der im Traum erlebten Bilder, Ereignisse und Emotionen zu interpretieren. Die Tiefenpsychologie geht davon aus, dass Träume symbolische Ausdrücke für unbewusste Wünsche, Ängste und Konflikte sind. Indem man diese Symbole entschlüsselt, kann man tieferliegende Bedeutungen und Zusammenhänge aufdecken, die uns im Wachzustand vielleicht nicht bewusst sind.
Die Tiefenpsychologie hat auch verschiedene Methoden und Techniken entwickelt, um die Bedeutung von Träumen zu interpretieren, wie zum Beispiel die Freie Assoziation, die Traumanalyse und die Aktive Imagination. Diese Methoden können dazu beitragen, tiefer in die Bedeutung von Träumen einzutauchen und die unbewussten Prozesse und Wünsche zu verstehen, die unser Verhalten und unsere Emotionen beeinflussen.
Die Tiefenpsychologie spielt in Hörspielen oft eine wichtige Rolle. Hörspiele bieten eine ganz spezielle Möglichkeit, sich auf eine auditive und immersive Weise mit den inneren Konflikten und Wünschen der Charaktere auseinanderzusetzen. In vielen Hörspielen werden psychologische Themen und Konzepte auf eine kreative und unterhaltsame Weise behandelt, indem sie in die Handlung und die Charaktere integriert werden.
Die Verwendung von Traumsymbolen, Archetypen und anderen psychologischen Konzepten kann dazu beitragen, Hörspiele spannender und tiefgründiger zu gestalten. Indem die Charaktere mit ihren eigenen inneren Dämonen konfrontiert werden, können die Hörer sich mit ihren eigenen psychologischen Themen und Konflikten identifizieren und auf eine unterhaltsame und lehrreiche Weise damit umgehen.
KURZREZENSIONEN
Die zweitbesten 5 SF-Hörspiele nach unserer Wertung
Die fünf zweitbestbewertesten (Plätze 6-10) öffentlich-rechtlich produzierten Science-Fiction-Hörspiele aus unserer Liste mit Kurzrezensionen sind in aufsteigender Folge:
In 'Die Ameise, die mit einer Fahne winkte oder Doktor Federbaums Universum' beschreibt der moralisch hochstehende Autor Richard Hey 1978 eine durchaus nicht unter globaler Erwärmung, sondern starker Abkühlung leidende Welt von Morgen, die nur mit Telepathie zu retten ist. Das Stück Verknüpft philosophische Fragen mit ökologischen und schildert darüber hinaus höchst menschliche Raumfahrerprobleme. Es entstand ein durchaus harmonisches Gesamtkunstwerk.
'In 5000 Jahren ... die 43 Minuten der Vernünftigen' von Hans Kaspar aus dem Jahre 1975 handelt von einer statistisch vorausgesagten Havarie: Eine Raumschiffladung voller Reisender, die ihr Ziel nicht erreichen werden. Wohl aber ein Höhepunkt deutschsprachiger Hörspielunterhaltung
der 70er Jahre.
'Unter Kontrolle oder Ein amerikanisches Märchen' von Robert Sheckley ist eigentlich eher eine Spionagegroteske, in der ein Loser der sozialen Kontrolle einer utopischen Gesellschaft entfliehen will. Er startet ein Kolonieprojekt auf einem anderen Planeten, aber die irdischen Probleme holen ihn schnell wieder ein. Oder vielleicht auch nicht ? In leicht grotesker Manier menschelt dieses sehr gelungene Höspiel von 1975 mit Christoph Quest und dem jungen Martin Semmelrogge gekonnt mit Leichtigkeit und Optimismus.
Ursula Horwitz beschreibt 1980 in 'Affäre KRATER streng geheim' wie auch tote Gegenstände, wie z.B. Mondkrater, Intelligenz
beherbergen können und liefert damit vermutlich eines der unaufgeregtesten und gemütlichsten SF-Hörspiele überhaupt. Die Handlung kann man getrost vernachlässigen, Sprecher und Regie sind großartig.
In 'Mondglas' von 1999 lässt Stefan Wilke eine Forschungs-Raumsonde nach langer Reise zur Erde zurückkehren und die Menschen verändern. Was oder wer steckt dahinter ? Eine unheimliche Begegnung der verschwiegenen Art:
Unkonventionell und entlarvend auch für die heutige westliche Gesellschaft. (Als Bonbon gibt´s die Stimme von Peter Schiff dazu
- `Hal´ aus `2001´).
KOMMERZIELLE JUGENDHÖRSPIELE
Hans Gerhard Franciskowsky
H.G. Francis, mit bürgerlichem Namen Hans Gerhard Franciskowsky, war ein deutscher Autor und Regisseur, der vor allem durch seine Arbeit im Bereich der Hörspiele bekannt wurde. Er wurde am 11. November 1936 in Berlin geboren und verstarb am 3. März 2011 in Garching bei München.
Francis' Karriere begann in den 1960er Jahren, als er für verschiedene Verlage als Lektor und Übersetzer tätig war. Sein Interesse an der Erstellung von Hörspielen führte dazu, dass er sich verstärkt dem Schreiben und der Produktion von Hörspielserien widmete. Sein erstes erfolgreiches Werk war die Science-Fiction-Serie "Commander Perkins", die er ab 1966 für den Label Europa produzierte. Die Serie wurde zu einem großen Erfolg und etablierte Francis als einen der führenden Autoren und Produzenten von Hörspielen in Deutschland. In den folgenden Jahren arbeitete Francis an zahlreichen weiteren Hörspielserien, darunter "Die Gruselserie". Er schrieb auch viele Skripte für andere Serien. Durch seine vielseitigen Kenntnisse schuf er eine ganz spezielle Atmosphäre in seinen Produktionen und konnte die Hörer mit trashigen aber meistens auch 'menschelnden' Geschichten fesseln. Auch beim Maritim-Verlag hinterließ er deutliche Spuren mit den sehr qualitätsvollen Reihen 'Die Zeitmaschine' und 'SF-Documente'.
Francis' Hörspielserien zeichneten sich durch eine Mischung aus Horror, Grusel, Science-Fiction und Action aus. Seine Geschichten waren oft von amerikanischen Vorbildern inspiriert und orientierten sich an Genres wie Trash und B-Movies. Sie waren geprägt von spannenden Plots, überraschenden Wendungen und atmosphärischer Inszenierung. H.G. Francis arbeitete eng mit dem Label Europa zusammen, das für seine preisbewussten Hörspielproduktionen bekannt war. Gemeinsam schufen sie einige der beliebtesten und erfolgreichsten Hörspielserien in Deutschland. Francis' Werke wurden von Generationen von Hörspielbegeisterten gehört und haben bis heute eine treue Fangemeinde.
Neben seiner Arbeit als Hörspielautor war Francis auch als Schriftsteller und Übersetzer tätig. Er verfasste Romane, Jugendbücher und Sachbücher und übersetzte Werke aus dem Englischen ins Deutsche. H.G. Francis' Einfluss auf das Genre der Hörspiele kann kaum unterschätzt werden. Mit seinem Talent für packende Geschichten, seiner Fähigkeit, fesselnde Atmosphären zu schaffen, und seinem Beitrag zur Entwicklung des kommerziellen Jugendhörspiels hat er die Branche nachhaltig geprägt. H.G. Francis hinterließ ein vielseitiges Werk, das bis heute begeistert gehört wird. Seine Hörspielserien sind Klassiker des Genres und haben seinen Namen fest in der Geschichte des deutschen Hörspiels verankert. Sein Beitrag zur Popularisierung des Mediums wird auch in zukünftig Bestand haben.
BESSERE WELT?
Science-Fiction-Hörspiele
Das Hörspiel eignet sich hervorragend für ästhetischen Eskapismus. Sollte man irrigerweise der Ansicht sein, hierzulande breite sich ignoriert oder sogar befördert von maßgeblichen Entscheidungsträgerinnen neuerdings eine erdrückende und freiheitsfeindliche 'Steinzeit'-Mentalität aus, so bleibt besorgten Menschen dank des Königsmediums die Flucht in moderne und modernste Fantasiewelten progressiv-utopisch inspirierter Autoren.
Müssen sie Science-Fiction-Freunde beim Hörspielen zwischen kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Produktionen entscheiden oder können sie nach dem 'Best of both worlds'-Prinzip leben ?
Kommerzielle SF-Hörspiele - Nicht alle denken darüber wie manche Vertreter der öffentlich-rechtlichen Hörfunkanstalten, beispielsweise Dieter Hasselblatt, der argwöhnt, dass die wenigen Science-Fiction-Hörspiele, die von der Schallplattenindustrie produziert wurden, ärgerlichste Musterbeispiele nicht nur für alle gängigen Science-Fiction- Klischees, sondern darüber hinaus auch dafür sein, wie man Ahnungslosigkeit in Ware umsetze. Diese Haltung wirkt einerseits vielfach berechtigt, andererseits aber auch arrogant: Solide recherchierende und mitunter äußerst unterhaltsam schreibende Autoren wie H.G. Francis kann er damit unmöglich gemeint haben. Zwar scheint es grundsätzlich erfreulich, dass neue SF-Vertonungen im kommerziellen Bereich anlaufen - wenn diese jedoch bar jeglicher Originalität ausfallen, fällt es schwer, in ihnen eine Bereicherung zu erkennen. Vielleicht riskiert es ja eines Tages irgendein mutiges Hörspiel-Label, eine SF-Reihe zu produzieren, die nicht im schützenden `Windschatten´ einer bereits erfolgreichen Roman- oder TV-Serie vor sich hinadaptiert wird.
Öffentlich-rechtliche SF-Hörspiele - Vorurteile gegenüber dieser Kategorie von Hörspielproduktionen lauten, sie seien häufig künstlerisch hochgradig ambitioniert, elitär und nur in den seltensten Fällen spannend. Wie bei fast allen Vorurteilen gibt es auch hier einen wahren Kern, aber dennoch: Gerade Science Fiction-Freunde werden mit Genre-Produktionen von den öffentlich-rechtlichen Hörfunkanstalten mehrheitlich ausgesprochen gut bedient.
In den letzten Jahren wird neben den vielen bewährten, klassischen und manchmal sogar unvergänglichen Science-Fiction-Radioproduktionen der vergangenen Jahrzehnte noch ein weiterer Vorteil neuerer öffentlich-rechtlicher Hörspiele deutlich: Die Autorinnen, Produzentinnen und Redakteurinnen vom zwangsgebührenfinanzierten WDR, RBB etc. sorgen gegenüber kommerziellen oftmals männlich-'toxischen' Produktionen für geschlechtergerechte, vielfältige und kultursensible Unterhaltung. Hierfür kann man ihnen nur dankbar sein.
'Der Wächter der verbotenen Welt' Realisiert vonHartmut Lühr mit Sascha Gluth (Artan),Branka Hanisch (Mira),Uta V. Kohlenbrenner (Adra) u.a. 55 Min. | 76 MB | DOWNLOAD/PLAY
BRENT & CO
RHODAN & CO
Der Wächter
Die verbotene Welt
Gehen wir einmal von einer optimistischen Entwicklung auf dem Planeten Erde aus: Bereits in 120 Jahren hat die Menschheit eine Weltregierung mit einer schlagkräftigen Patrouille im All.
Auf einer Raumstation im Beneix-System wacht der Regierungsangestellte Matt Anderson über die Quarantäne eines der Planeten, der von einer geheimnisvollen Roboterzivilisation beherrscht wird, die möglichst keinen Besuch von außerhalb erhalten soll, weil sie einfach zu fremdartig scheint. Ob die Roboter selber die gigantischen Wolkenkratzer-Städte auf dem Planeten geschaffen haben oder ob sie sie von einer humanoiden Rasse friedlich oder weniger friedlich übernommen haben, bleibt unklar. Matts einzige Unterstützung auf seiner Station besteht aus einer virtuellen Gefährtin, die über künstliche Intelligenz verfügt.
Klar ist jedoch, dass nach einer langen Zeit der Ruhe auf einmal unmittelbar Ärger ins Haus steht: Das Pilgerschiff einer Sekte von der Erde nähert sich, um die Quarantäne des Roboterplaneten in Frage zu stellen. Angeführt von Artan, der Matt von früher kennt, will man sich offenbar aggressiv über das Landeverbot hinweg setzen. Dies zu verhindern ist ihnen ein Patrouilleschiff der terrestrischen Regierung dicht auf der Fährte, das von Mira Avajananti befehligt wird, die Matt und auch Artan ebenfalls von früher kennt als die drei ein kompliziertes Dreiecks-Verhältnis miteinander verband.
Abgelenkt von aus ihrem amourösen Vorleben teils verbitterten Protagonisten vernachlässigen Artan und Mira die Gefahren, die von dem Roboterplaneten und einem fremdartigen telepathisch begabten Plasmapudding auf dessen Mond ausgehen und bringen sich damit selber, ihre Raumschiffe samt deren Besatzungen, sowie die Quarantäne des Beneix-Planeten in Gefahr. Zunächst sieht es so aus, als könne auch der Wächter das aufziehende Unheil nicht verhindern. Oder will er es vielleicht sogar noch anheizen?
Der Wächter
Monolog eines Raumstations-Vorstehers
Nachdem im Jahr 2136 erstmals terrestrische Raumschiffe das 29 Lichtjahre von der Erde entfernte Beneix-Sternensystem passiert hatten, war es von der Regierung auf der Erde unter Isolation für die irdische Raumfahrt gestellt worden. So war es grundsätzlich für alle Sonnensysteme üblich, auf denen nicht-menschliches intelligentes Leben festgestellt wurde. Die Isolation wurde jeweils von interplanetaren Ein-Mann-Wächterstationen überwacht und der Wächter im Beneix- System war seit nunmehr fast 10 Jahren ich. Ich war der einzige Mensch in diesem abgelegenen Sternensystem. Was tut man da, wenn man gerade keine Wartungsarbeiten vornimmt ?
Heute lag ich z.B. entspannt auf der Liege in meinem Schalfquartier und hatte meine virtuelle Cyberbrille aufgesetzt. Zusammen mit meinem zugeschalteten Bordfunktionssystem `Adrasteia´ war ich ein weiteres Mal der nüchternen Realität von `Zahmia I´ entflohen. Uns gelang das in letzter Zeit immer besser. Ich war zufrieden mit Adra und mir. Sie war seit Fertigstellung der Wachstation 2137 meine einzige Gesellschaft und entgegen aller Warnungen der modernen terrestrischen Arbeitspsychologie vor zu viel Nähe zwischen einsamen Raumstationspersonal und persönlichkeitsfähigen Stationsfunktionssystemen kamen Adra und ich seit den letzten 9 Jahren immer besser miteinander aus. Ich bezog sie inzwischen sogar schon in meine virtuellen Entspannungsprogramme ein. Und es gefiel mir !
Da brachten auf einmal zwei unautorisierte Besucher Adras´ und meinen behäbigen Stationsalltag mit einem Schlag durcheinander, noch ehe mir genau klar war, was es genau mit ihnen auf sich hatte. Ich wusste nur, dass ich das Ende dieses Tages vermutlich nicht mit Adra in der Panorama-Lounge von `Zahmia I´ verbringen würde in angeregter Unterhaltung mit meinem immer unentbehrlicher werdenden Bordprogramm - So wie ich es sonst so oft und so gerne tat. Hoffentlich würde die Angelegenheit nicht zu viel unserer wertvollen Zeit in Anspruch nehmen !
Der Wächter
Monolog eines fanatischen Sektenführers
Es war an mir, die Vitalisierung eines unter Quarantäne gestellten Planeten in dem vor uns liegenden System einzuleiten. Nach unseren Informationen verfügte er über eine weitentwickelte und humanoiden Bedürfnissen entgegenkommende Infrastruktur. Und wenn das Ministerium für Raumordnung in Scenca Area unbedingt darauf bestand, die den Planeten Beneix V gegenwärtig besiedelnden Roboter unter Artenschutz stellen zu müssen, dann war diese Sicht der Dinge eben eine, die die von `Lunares superiores´ nicht teilten. Aus einer Entfernung von 17 Lichtjahren zur Erde büßten terrestrische Gesetzesparagraphen überraschend viel von ihrer einschüchternden Kraft ein, die ihnen auf der Erde vielleicht noch innewohnte. Und im Gegensatz zu irgendwelchen Bürokraten in Bangalore, Genf oder Luna Prospector waren die Siedler im Besitz einer Vision: Die Verlegung der menschlichen Spezies in immer entlegenere Teile der Galaxis würde uns helfen, unsere Kultur von den jahrtausendealten Fesseln irdischer Irrlehren und überkommener zivilisatorischer `Errungenschaften´ in Religion, Ökonomie und Sexualität zu befreien.
Matt würde das hoffentlich verstehen. Dumm war er nie, ihm fehlte seinerzeit nur die rechte Orientierung. Und für ein freiwilliges Zölibat als einsamer Wächter war er meiner Erinnerung nach eigentlich auch nicht unattraktiv genug. Wenn alles gutgehen würde, würde er ja bald hier draußen nicht mehr so alleine sein. Ich war zuversichtlich, dass er die anstehende Entscheidung zwischen terrestrischen Paragraphen und der entfesselnden Energie unserer expandierenden Bewegung zu meiner Zufriedenheit fällen würde. Ich war immerhin so etwas wie sein Idol gewesen vor 10 Jahren in Massachusetts. Mir wäre es wirklich lieber gewesen, wenn ich damals im Beneix-System keine Gewalt hätte anwenden müssen.
Der Wächter
Monolog eines ehemaligen Studenten
Wenn es wirklich nur unser gemeinsames Studium in Massachusetts war, worüber sich Adra informiert hatte, dann wußte sie allerdings kaum Genaueres darüber, was mich seinerzeit mit Mira und Artan verbunden hatte. Ich hatte das Thema in den vielen Gesprächen mit meinem Bordprogramm wohl unbewußt immer gemieden. Vermutlich
war es so etwas wie Eitelkeit gewesen, die mich Adra nichts von meiner Beziehung zu Mira erzählen ließ, die seinerzeit schlagartig beendet wurde als Artan sie mir auf seine unvergleichliche Art ausspannte, nur um sie dann nach gerade mal 2 Wochen wieder fallen zu lassen.
Vielleicht hätten Mira und ich danach ja wieder zusammengefunden, wenn er sich wenigstens nach seinem denkwürdigen Auftritt zurückgezogen hätte. Mehr oder weniger `gentlemanlike´. Aber das war ja nie sein Fall - Im Gegenteil: Er meinte nach seiner gescheiterten Affäre mit Mira unbedingt mein Freund werden zu müssen, weil unsere Fähigkeiten sich ja so vorteilhaft gegenseitig ergänzen würden -
Meine Abstraktionsfähigkeit, seine taktische Finesse und überhaupt...
Seine unbändige Lust am Wettbewerb, die uns damals alle faszinierte, nicht wenige aber auch abstieß; Im Nachhinein denke ich, dass sie wohl Artans Gene in Richtung Führungsqualitäten einschlägig beeinflusst hatten.
Da wurde ich dann also für kurze Zeit der Intimus des größten Draufgängers auf unserem Campus damals. Die intelligenteren Kommilitonen zogen sich von mir zurück, allen voran Mira.
Und als Artan dann eines Tages anfing, sich für die Siedlersekte derer von `Lunares Superiores´ zu begeistern, fand ich schließlich auch die Kraft, mich von meinem vermeintlichen Förderer abzusetzen.
Lange genug hatte es gedauert. Ich hatte inzwischen keine Freunde mehr und verpflichtete mich in einem schwachen Moment, die Isolation eines
§5-Sternensystems auf 10 Erdenjahre zu übernehmen.
Seitdem lebte ich also hier im Beneix-System und hatte ein besonders wachsames Auge auf den 5. Planeten mit seiner schwer zu durch-
schauenden Roboterzivilisation, von der niemand wußte, woher sie stammte und warum sie eigentlich existierte. Auch um das pulsierende Etwas auf dem Mond von Beneix V und seine unergründlichen aber trotzdem vorhandenen Auswirkungen auf das Leben auf dessen Planeten mußte ich mich demnächst unbedingt zusammen mit Adra kümmern.
Ohne ihre Gesellschaft hätte ich hier draußen, ganz auf mich alleine gestellt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon einen mittleren Dachschaden, soviel war sicher. Aber trotzdem: Es gab Dinge und Personen in meinem Leben vor Beneix V, über die ich Gespräche mit Adra vermied. Artan und Mira gehörten dazu. Vielleicht, weil mich die Erinnerung an beide auch nach nahezu 10 Jahren noch schmerzte ?
Der Wächter
Monolog einer Karriere-Astronautin
Der gute Choi, der unser Patroullienschiff bis jetzt vorbildlich in´s Beneix-System gesteuert hatte, hatte sich auf dem Flug zur Wächterstation schon jede Menge Schwärmerei über diesen gewissen vielversprechenden jungen Weltraumkadetten anhören müssen, der Matt seinerzeit in Massachusetts in den Augen vieler gewesen war. Meine eingeschlossen.
Kaum vorzustellen, dass er sich jetzt nicht pflichtgemäß auf seinem Posten befand und ordnungsgemäß mit uns Kontakt aufnahm, sobald er uns orten würde. Man hörte in der Raumflotte ja so manche beunruhigende Geschichte von vereinsamten Raumstations-Ein-Mann-Besatzungen, die mit den Jahren psychische Schäden davontrugen oder anfingen zu trinken oder beides zusammen.
Bei dem Showdown, der sich jetzt im Beneix-System ankündigte, brauchte ich einen aktiven Matt. Es würde ja schon reichen, wenn er die geplante Aggression dieser Sekte mit mir zusammen zurückschlagen würde - An unsere Geschichte von vor 10 Jahren am Institut mußte er dabei gar nicht anknüpfen. Das war lange her: Es war schön, es war sehr kurz und es endete so unbefriedigend, dass ich Matt jahrelang aus meinem Gedächtnis gestrichen hatte. Als ich dann aber hörte, dass es tatsächlich Artan war, der dieses Siedlerschiff befehligte - Da brach etwas wieder in mir auf: Die alte vernarbte Wunde namens Matt Anderson.
Ob er überhaupt wußte, dass ich in dem Ministerium, das auch ihn beschäftigte, inzwischen zu den 4 obersten Entscheidungsträgern gehörte ? Dass der Preis den ich dafür gezahlt hatte der Verzicht auf Familie war ?
Dass mir dieser Verzicht auch deshalb leicht fiel, weil ich mit Männern nach Matt niemals mehr glücklich geworden war - Angefangen bei Artan, der praktisch so etwas wie eine Initialzündung für meine fortan einsetzenden Männerprobleme eingeleitet zu haben schien.
Dass ich aus meiner Verzweiflung hierüber inzwischen einige Karrieren aufstrebender junger Beamter, die das Pech hatten, mich an Matt oder Artan zu erinnern, Kraft meiner Stellung im Ministerium vorsätzlich zerstört hatte ?
Vielleicht würde ich ja in den nächsten Tagen Gelegenheit erhalten,
über all das mit Matt zu reden, wenn wir das Problem Artan schnell beseitigen konnten.
Artan - Bei meiner emotionalen Aufgewühltheit schien er mir damals gut beraten zu sein, mich als Kommissarin des Ministeriums für Raumordnung
nicht übermäßig zu reizen. Ich war überzeugt davon, bei diesem deja vú
von uns dreien die besten Karten zu haben. Hasardeure wie Artan würde ich inzwischen routiniert in Ihre Schranken weisen; Matt diesmal nicht mit diesem chronischen Unruhestifter alleine lassen. Ich war damals eben einfach noch viel zu jung gewesen in Massachusetts.
Der Wächter
Monolog eines einsamen Wolfes unter Attacke
Na, toll: Die Behörden sind hinter uns her. Und als ob das noch nicht genug wäre, befehligt das Raumschiff, das uns verfolgt, auch noch eine längst verloschene Flamme von mir: Mira Avajananti, die auch noch so tolle Anweisungen zu geben versucht, wie "Du hattest früher schon kein Gespür dafür, dass Du eine Grenze überschritten hast. Setze jetzt bitte Kurs aus diesem System ! Dein Schiff verstößt gegen § 5, Absatz 2 der allgemeinen ... Ach, das weißt Du doch selber ganz genau, dass wir Dich stoppen müssen !"
Aber weit gefehlt: Ich würde mir ganz sicher von Mira nicht meine Pläne durchkreuzen lassen, unsere Mission. Vor 10 Jahren erwies sie sich in Massachusetts als amoröse Enttäuschung; Heute im Beneix-System, über 14 Lichtjahre von der Erde entfernt, erschreckte sie mich mit ihrer kampftaktischen Ahnungslosigkeit. Wie konnte sie mich mit einer 2-Mann-Patroullie stellen wollen ohne Vorsichtsmaßnahmen zu treffen ? Hatte sie etwa angenommen, Ihre Autorität würde mich daran hindern, zu tun, was ich in einer solchen Situation zu tun hatte ? Oder die alten Zeiten ? Oder die Nähe von Matt ?
Vor dem stand ich jetzt allerdings auch nicht mehr so gut da, wie ich es mir gewünscht hatte: Wenn man jemanden für eine sehr heikle Mission gewinnen wollte, sollte man vorher nicht unbedingt seiner Ex-Freundin die Lenkdüsen wegballern. Mir war klar: Ich würde noch jede Menge Überzeugungsarbeit am Wächter leisten müssen. Dies wohl um so mehr, als Schoznin doch keine so überwältigende Präzisionsarbeit mit seinem Angriff auf Miras´ Schiff vorgelegt hatte, wie ich es eigentlich von ihm erwartet hatte ...
Das Behördengefährt geriet kurz nach unserem Treffer bedenklich in´s Trudeln. Dabei hatte ich eigentlich nur gewollt, dass sie durch einen genauen Treffer ihrer Steuerungseinheit einige Zeit auf ihrem letzten Kurs langsam Richtung Wächterstation treiben würden; Dass Mira für eine Weile ausgeschaltet war und ich Matt solange bearbeiten konnte. Es kam also zum Abschuss einer Laserstrahlsalve von meinem Schiff.
Der Wächter
Monolog einer Raumschiff-Kommandantin
Die Wahrheit war, dass ich mich Matt nicht so hilflos präsentieren wollte, wie ich es durch Artans Attacke augenblicklich wohl war. Ich war schließlich ins Beneix-System gekommen, um Matt beizustehen. Ich hatte keine Lust auf einen Rollentausch, wenn es sich vermeiden ließ. Möglicherweise würde er von auf der Wächterstation aus das Ausmaß des angerichteten Schadens nicht so genau erkennen können.
Meine anfängliche Panik über den überraschenden Laserangriff wich also schnell dem nicht wesentlich angenehmeren Gefühl der Demütigung: Während meiner über fünfjährigen Praxis in Patrouilleflügen für das Ministerium war noch kein Raumschiff, in dem ich saß, unter Feuerbeschuß geraten. Sicher: Die eine oder andere Computersimulation feindlicher Angriffe hatte es natürlich gegeben; Aber das hier war keine Simulation, es war Artan Jenkins; Ein Mann, dem ich in einem scheinbar früheren Leben sogar schon einmal erlaubt hatte, mich anzufassen und wer weiß was noch alles ... .
Nüchtern betrachtet hatte er natürlich andererseits gar keine andere Wahl, als das Feuer auf mich zu eröffnen. Denn manövrierfähig hätte ich seinen geplanten Coup mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern gesucht. Das wußte Artan, wenn er sich an mich erinnern würde. Ich war nur davon ausgegangen, dass dem Kampf erst einmal ein Wortgefecht vorausgehen würde. Je nach Verlauf hätte ich dann Choi die Einleitung defensiver Maßnahmen befohlen.
Jetzt war also alles viel schneller gegangen als ich gedacht hatte:
Seltsam, dass Artan es so verdammt eilig hatte, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Er hatte sich früher in Massachusetts doch auch immer so gerne selber reden gehört. Warum nicht auch hier ? War ich ihm als Publikum vielleicht zu unbedeutend geworden ?
Das konnte eigentlich nicht sein, schließlich war ich eine hohe Vertreterin des Ministeriums.
Diese Sektenleute mußten Artan wirklich gehörig das Hirn umgekrempelt haben.
Natürlich hätte auch ich die ´Jackal´ sofort und ohne Vorwarnung angreifen können. Wäre ich denen zuvorgekommen, wäre Choi heute vielleicht noch am Leben, wer weiß ?
Aber als oberste Kommissarin des Ministeriums war meine Handlungsfreiheit gegenüber Artans Möglichkeiten stark eingeschränkt - Diese Siedler waren zwar Gesetzeslose, aber in meiner Position konnte ich ihr Schiff natürlich nicht einfach abschießen.
Man erwartete von mir, dass ich in brenzligen Situationen umsichtig handelte. Unverhältnismäßig harte Mittel hätten mir sicherlich einen
Karriereknick beschert. Darauf warteten unter Garantie ohnehin schon so manche Nebenbuhler bei der Raumordnung.
So geriet dann also statt der ach so umsichtig zu behandelnden Sektierer unsere `Hermes´ gefährlich ins Schlingern. Nun hieß es für mich als Vorgesetzte, dem noch ziemlich unerfahrenen Choi ein gutes Vorbild an Gelassenheit abzugeben.
Der Wächter
Monolog einer Havarierten
Zunächst schien alles gar nicht so dramatisch zu verlaufen: Wir hatten mit der `Hermes´ eine geeignete Landestelle mitten auf einer großen freien Fläche, die vielleicht einen Durchmesser von 300 Metern hatte, gefunden. Dabei standen wir ziemlich genau in der Mitte des Platzes, die Silhouette war in allen 4 Himmelsrichtungen von bizarren Wolkenkratzern geprägt. Wie Choi schon bei unserem Anflug auf Beneix V festgestellt hatte, bewegte sich auf dem Planeten selbst und in Flughöhe rein gar nichts. Das ganze `Leben´, wenn man das, was die Roboter auf dieser Welt wahrscheinlich veranstalten würden, so nennen wollte, schien sich in den unzähligen Gebäuden abzuspielen.
Choi schien fasziniert und eingeschüchtert zugleich von diesem Planeten. Er war eben noch recht unroutiniert.
Ich hatte schon vor unserem Aufbruch von Luna Prospector Bildmaterial von Beneix V eingesehen, das wir von unseren Forschungssonden erhalten hatten. Ich fand den Planeten nicht besonders aufregend. Städte wie `Scenca Area´ oder `Asigne-City´ auf Luna Prospector sahen von weitem auch nicht viel anders aus als die Skyline, über die Choi immer noch staunte, als er im Raumanzug die Schleuse der `Hermes´ verließ, um die Schäden an der Außenseite des Schiffes in Augenschein zu nehmen.
Mein Fehler war der, dass ich währenddessen nicht auf dem Monitor unsere nähere Umgebung überwachte. Ich hatte sogar das Bord- funktionssystem ausgeschaltet, das wegen des Laserschadens ständig Schadensmeldungen durchgegeben hatte, um unsere Ortungssysteme hochzufahren. Ich hoffte, mit Hilfe der Raumabtaster einen Hinweis darauf zu erhalten, dass Matt inzwischen Artans Schiff abgeschossen hatte - Bisher leider vergeblich ! Dieser Mann hatte mich jedenfalls zutiefst gedehmütigt - beruflich und persönlich.
Statt der Fern- hätte ich mich zu diesem Zeitpunkt allerdings mehr um die Nahüberwachung unseres Landeplatzes und damit um Chois Sicherheit kümmern sollen...
Der Wächter
Monolog eines Tagträumers
Von dem Augenblick als wir in das seltsame Feld hineinflogen an, verlief alles wie ein Traum für mich. Ich hatte auf einmal das Gefühl, nicht mehr in der Steuereinheit der `Jackal´ zu stehen, sondern auf einer roten Wiese unter einem grünen Himmel. Vor mir ca. 20 martialische Kampfroboter, die ein Spalier bildeten, das zu einem Altar führte. Die Rolle des Priesters war in diesem überwältigendem Tagtraum offenbar meinem ehemaligen Freund Matt Anderson zugedacht. Ich hatte auf einmal die Eingebung, dass ich der Bräutigam auf dieser Traumhochzeit war und ich drehte mich um, um nach meiner zukünftigen Frau zu sehen. Hinter blutroten Pflanzen, deren Formen unaufhörlich ineinander zerflossen, tauchte sie plötzlich hervor: Meine überirdisch schöne Auserwählte Mira Avajànanti. Sie sagte kein Wort, sondern schritt langsam mit mir zusammen das Roboter-Spalier zum Altar hin ab. Ich weiß nur noch, dass in diesem Moment alles in mir der Trauung durch den Pfarrer entgegenfieberte. Aber als Mira und ich vor Matt standen, sagte der mit ungewohnt harter Stimme:
Ich kann Euch hier nicht trauen - Ihr seid im falschen System. Ihr müßt Euren Kurs ändern. Ich werde Euch im Hatrual-System trauen. Und nur im Hatrual-System ! Dort müßt Ihr hin, Artan ! Ändere Deinen Kurs !
Das alles wirkte so unmittelbar und echt ! Eine verteufelt starke Halluzination ! Wahrscheinlich war Schatin einem ähnlich intensiven Tagtraum erlegen gewesen, einer Fremdsuggestion, die ihn tatsächlich Kurs auf das 11Lichtjahre vom Beneix-Stern entfernte Hatrual-System setzen ließ. Denjenigen, die uns dort empfingen, boten wir nicht die geringste Gegenwehr. Richtig wieder zu Bewußtsein kam ich wohl erst Tage später, aber da waren Schoznin, die Siedler und ich schon keine freien Individuen mehr ... . Der Mond von Beneix V war uns zur Falle geworden.
Der Wächter
Monolog einer einsamen Raumfahrerin
Ohne die kleinste Komplikation war ich manuell von Beneix V abgehoben. Es wäre mir fast lieber gewesen, mein Start hätte sich schwieriger gestaltet. Das hätte mir das Opfer Chois nachträglich noch ein wenig mehr rechtfertigen helfen. Dieser hirnlose Killerautomat auf dem Planeten hatte ihn vollständig eleminiert. Als ob auf Beneix V alles nicht-maschinelle keine Daseinsberechtigung hätte - Armer Choi! Ich hatte wirklich nicht gut aufgepaßt auf meinen Piloten! Aber daran war Artan schuld ! Es war doch ganz menschlich, dass nach solch einem hinterhältigen Angriff eines derartigen Banditen sich die Gedanken des Opfers vornehmlich um Rache drehten!
Als ich mich der Wächterstation näherte, war meine innere Aufgewühltheit allmählich einer deprimierenden Nüchternheit gewichen. Immerhin: Ich hatte das Siedlerschiff gerade zu dem Zeitpunkt am Mond von Beneix V vorbei auf einem nahezu linearen Kurs auf den Nachbar- stern Hatrual zusteuern sehen, als ich mit der `Hermes´ die Ionosphäre der Maschinenwelt durchstieß. Offenbar war es Matt gelungen, Artan aus diesem System zu vertreiben.
Ich setzte zunächst routinemäßig Kurs auf `Zahmia I´ und hoffte, dass wenigstens Matt besser drauf war als ich. Etwas Aufmunterung hätte mir in der Situation damals sicher gutgetan. Aber nachdem ich meinen Piloten verloren hatte, fühlte ich mich doch sehr einsam im Beneix-System. Hier schien es außer mir nicht mehr sehr viel menschliches Leben zu geben. Ich flog also doch lieber direkt zurück nach Luna, solange die Hermes noch manövrierfähig war. Matt hatte mich davon nicht abhalten können. Er dachte vielleicht, ich würde wegen ihm noch einmal meinen Kurs ändern und ihn vor meinem Heimflug noch kurz auf seiner Station besuchen kommen ... . Da hatte er aber falsch gedacht. Ich bin immerhin sicher, sein BFS wird gut auf ihn aufpassen.