Mit Conny Köpp, Carsten Kölln, Christina Holsten, Anne Lange, Annette Bajorat
Wir hören wohl nicht recht !
Gesellschaftskritik im Hörspiel-Doppelpack
Der Hamburger Soziologe Hartmut Lühr `beglückte´ die Hörspielwelt in
den 90er Jahren gleich mit einem Wust an Szenen über die moderne
Gesellschaft. Hat er dabei immer das rechte Maß gefunden, wie man es von
einem verantwortungsbewussten Autoren der Generation Golf erwarten darf
? Zweifel sind angebracht.
Ist es vertretbar, eine politische Extremistin in einem Hörstück von
seiten einer Journalistin lediglich mit Wohlfühl-Fragen beispielsweise
über die `erotisch geladene Atmosphäre´ zwischen den Beteiligten einer
gewalttätigen Aktion zu konfrontieren ? Müsste ein fieser
Rüstungsexporteur von derselben Journalisten nicht wesentlich kritischer
angegangen werden als mit der Frage, ob der Haussegen in seiner
herrschaftlichen Villa durch die Morddrohungen, die bei ihm und seiner
Frau wegen der Verstrickungen seiner Firma in irgendwelche Genozide
eingehen, leidet ? Darf man das hohe Gut der betrieblichen Mitbestimmung
durch die Überzeichnung zweier Betriebsräte in einem Drama über
gewerkschaftliche Machtspielchen in einer Autozubehörfabrik durch den
Kakao ziehen ? Ist es richtig, die Krise der Institution `Ehe´
ausgerechnet durch ein vom Überfluss der Konsumgesellschaft entstelltes
Ehepaar verkörpern zu lassen, das in einer Einkaufspassage unerwartet
mit den Herausforderungen des Seins in Berührung kommt ?
Beantworten Sie sich diese Fragen doch selber ! Einen mp3-Player werden
Sie ja wohl bedienen können, oder ? Somit haben sie keine Ausrede, nicht
in Hörspiel-Szenen á la `Getrübte Einigkeit´, `Gehobene
Narrenfreiheit´ sowie `Geteilte Einsicht´ hineinzuhören und sich ein eigenes Urteil über Gewalt-, Macht- und Ehefragen zu
bilden. Um Authentizitätsfreaks von vornherein den Wind aus den Segeln
zu nehmen, sei an dieser Stelle auch bereits erwähnt, dass die Hörstücke
hauptsächlich in Hamburg-Wandsbek aufgezeichnet wurden. Es ist nicht
auszuschließen, dass ihnen dieses Missgeschick anzuhören ist. Sie
verdienen es dennoch, genau so ernst genommen zu werden, wie andere
Betroffenheitsdramen auch.
Erotisch geladene Atmosphäre bei politischem Extremismus ?
Lifestyle-Interview als journalistisches Fiasko
Im
schäbigen Hinterzimmer einer drittklassigen Absteige in Duisburg führte
Pamela Volpers-Schreiner von der Frauenzeitschrift `Mago´ kürzlich ein
Interview mit einer der am meisten gesuchten politischen Aktivistinnen
Deutschlands, der Terroristin Eva Gark. Dieses Ereignis hätte leicht ein
Meilenstein für die Versöhnung von Fundamental-Feminismus mit der
Boulevardpresse der Bundesrepublik werden können. Doch die historische
Chance scheiterte leider an der Unfähigkeit der Beteiligten, über den
jeweils eigenen ideologischen Tellerrand zu blicken.
So war die Terroristin Eva Gark immer wieder fassungslos über die sehr
unpolitisch anmutenden Fragen der `Mago´-Mitarbeiterin. Diese
interessierte sich besonders für Einzelheiten aus dem Liebesleben der
hochgefährlichen Frau: „Ich kann mir z.B. gut vorstellen, dass während
Ihrer Aktionen zwischen den Teilnehmern eine gewisse, vielleicht
unterschwellig bestehende, erotisch geladene Atmosphäre herrscht.
Eventuell ja sogar zwischen Ihnen und Ihren Opfern“ ... Die Terroristin
stand solchen Vermutungen vollkommen fassungslos gegenüber: „Sagen Sie
mal, ist das jetzt das neueste Kuriosum auf dem
spätkapitalistischen Arbeitsausbeutungsmarkt ? Sexistische
Journalistinnen ? Sie werden wirklich etwas unsachlich.“ Aber es half
ihr nichts und so musste Frau Gark, nach der der Bundesnachrichtendienst
Gerüchten zufolge mittlerweile in Winsen an der Luhe fahndet,
konsterniert feststellen: „Wirklich sehr bedauerlich, dass ich Ihrer
Kolumne nicht sie heißblütige Amazone darbieten kann, die Ihrer Auflage
zu neuen Höhenflügen verhelfen würde.“ Dieser Sarkasmus rettete sie
jedoch nicht vor der Unterstellung der `Mago´-Redakteurin, sie würde
ihre „elementaren körperlichen Bedürfnisse als weiblicher Mensch“
wegleugnen und heucheln.
Immerhin hat Frau Volpers-Schreiner das Interview überlebt. Es fand ja zum Glück nur als Satire von Hartmut Lühr statt.
Vielleicht ist es ja doch so, dass eine Boulevard-Frauenzeitschrift, wie
die genannte, sich besser mit weiblichen Interessen auskennt als es
rechtschaffenden Gender-Aktivistinnen und erwiesenen Feindinnen des
staatlichen Gewaltmonopols wie Frau Gark recht sein kann. Dennoch ist es ein unzutreffende Beobachtung, dass sich an den beispielsweise in der Hauptstadt regelmäßig stattfindenen politischen Stammtischen nur in seltenen Ausnahmefällen auch Frauen beteiligen.
Eine Traumdeutung
Zwischen Sofa und Bahnhof
In diesem Kurzhörspiel besucht ein unsicherer Mann die Traumdeuterin Celestina, die seinen Traum von einem verpassten Zug als Blockade gegenüber starken Frauen deutet. Sie schlägt vor, einen "Kontakt-Hund" zu haben. Eine mysteriöse Stimme kommentiert die Situation humorvoll. Die Szene endet mit der Ankündigung eines weiteren Träumers, indes Celestina 150 Euro für die Sitzung verlangt, in der Hoffnung auf positive Veränderungen.
In dieser Hörspielszene besucht ein Mann eine Traumdeuterin namens Celestina. Der Mann fühlt sich zu Beginn unsicher, betont jedoch, dass Celestina zum Glück keine Gunstgewerblerin ist. Sie sprechen über Träume, insbesondere einen, in dem der Mann zu spät für seinen Zug kommt. Celestina deutet den Traum als eine Blockade gegenüber starken Frauen und schlägt vor, dass der Mann einen "Kontakt-Hund" haben sollte, um leichter ins Gespräch zu kommen. Eine mysteriöse Stimme aus dem Traum kommentiert die Situation, was zu einer humorvollen Interaktion führt. Die Szene endet mit der Ankündigung eines weiteren Träumers durch die Türklingel. Celestina verlangt 150 Euro für die Sitzung und hofft, dass der Mann positive Veränderungen erleben wird.
Der zu deutende Traum: Ein Mann eilt auf einen Bahnsteig, wo bereits Reisende auf einen verspäteten Zug nach Berlin warten. Der Mann beschwert sich darüber, dass er sich beeilt hat, ohne zu wissen, dass der Zug noch nicht eingetroffen ist. Die Reisenden bestätigen die Verspätung und es entsteht eine kurze Diskussion darüber. Plötzlich ertönt eine Lautsprecherstimme, die die Reisenden auffordert, sich von ihrem bisherigen Leben zu verabschieden. Der Mann vermutet, dass dies das Werk seiner Traumdeuterin namens Celest ist, die in seinen Träumen interveniert.
Die Stimme kündigt die Ankunft eines Zuges an und gibt einen seltsamen Slogan von sich. Die Reisenden sind verwirrt und der Mann betont, dass er nicht beabsichtigt, sich von den Gewissheiten seines bisherigen Lebens zu verabschieden. Eine Reisende macht eine ironische Bemerkung über die Therapeutin des Mannes und die Situation wird zunehmend kurios. Die Stimme behauptet, dass dieses Treffen interessant wird und erwähnt die symbolische Bedeutung von Zügen im Traum. Die Reisende weigert sich, zusätzliche Lasten aufzunehmen, insbesondere wenn es um den verspäteten und einsamen Mann geht. Schließlich kündigt die Lautsprecherstimme die Ankunft des lang ersehnten Zuges an.
Direktor einer Mittelstandsfirma spricht Klartext:
Ist betriebliche Mitbestimmung ein Übel?
Der Direktor einer Automobilzubehörfirma vergriff sich im Ton
gegenüber seinen Angestellten. Was zunächst als skandalöser Ausrutscher
in übelster Stammtischmanier erscheint, wird erst beim näheren Hinhören
etwas verständlicher: Die beiden Betriebsräte Frau Schmidt-Paulsen und
Herr Wessel erweisen sich nämlich tatsächlich als Stachel im Fleisch der
Firma `AML - Oberhausen´, der Dr. Freudenberg als Direktor vorsteht.
Am letzten Tag der Arbeitswoche hat es Direktor Freudenberg gehörig die
Laune verhagelt: Ausgerechnet während der Übertragung einer spannenden
Bundestags-Haushaltsdebatte haben zwei von ihm wenig geschätzte
Betriebsräte seines Automobilzulieferunternehmens ihr Erscheinen in
seinem Büro angekündigt.
Eine Ethik-Kommission wollen Frau Schmidt-Paulsen und Herr Wessel seiner
Firma verpassen. Als ob der Direktor nicht wahrlich schon genug andere
Sorgen hätte: Die Überwachungskameras, die er auf dem Betriebsgelände
installieren ließ, sorgen für Unmut innerhalb der Belegschaft. Das
Kinderbetreuungsprogramm für die jungen Eltern unter seinen Angestellten
stellt ihn vor schwierige organisatorische Probleme. Und als ob das
alles nicht schon genügen würde, verteilt ein Ingenieur aus der
Fertigungsplanung unautorisiert Flugblätter mit äußerst fragwürdigem
Inhalt auf dem Werksgelände. Das schlägt dem Fass den Boden aus!
Es kommt wie es kommen muss: In einem schwachen Moment bezeichnet Dr.
Freudenberg die beiden umtriebigen Betriebsräte als Wichtigtuer, die am
liebsten schon morgen die Führung der Firma übernehmen würden, indem sie
seine Kompetenz untergraben nachdem sie mit Hilfe des
Mitbestimmungsrechts gehörig für Chaos gesorgt haben. Die Stimmung ist
vergiftet. Um den Betriebsfrieden wieder herzustellen, hat der Direktor
am Ende einen sehr hohen Preis zu zahlen.
Politischer Essay
Ursachen für moderne Probleme besser vertuschen
Umweltverschmutzung, Armut und Überbevölkerung: Statt für all die modernen Katastrophen krampfhaft
nach Lösungen zu suchen, die ohnehin selten von Dauer sind, sollte man
sich lieber mehr Mühe geben, die Ursachen, die dahinter stecken, besser
zu vertuschen (Jaja, schon klar: Dies liest sich beinahe wie eine Beschreibung des Regierungsstils von Olaf Scholz bzw. Angela Merkel, aber die zugrunde liegenden Hörspiele stammen tatsächlich aus den Neunziger Jahren).
Die Natur hat den Menschen mit der wunderbaren Gabe des geistigen
In-Die-Ferne-Rückens unangenehmer Sachverhalte ausgestattet. Also sollte
man sie doch bitte auch nutzen - wenn es geht, nicht zu knapp. Den Stein des Anstoßes muss man verschwinden lassen. Dann
ist vielleicht endlich Ruhe. Denn die täglichen Katastrophenmeldungen
wirken sich auf sensible Menschen regelrecht lebensverkürzend aus - das
ist inzwischen bewiesen. Also sollte man sich davor schützen, auch wenn
das der Fridays-for-Future-Bewegung oder der AfD vielleicht das Wasser abgraben mag.
Nun könnte man einwenden, dass die anstehenden Probleme durch Verdrängung
bestenfalls nur aufgeschoben und nicht gelöst werden. Sie werden auf
diese Art nur weiter an unsere Kinder gegeben. Aber dabei braucht
niemand ein schlechtes Gewissen zu haben, denn kommende Generationen
werden gegen mögliche Katastrophen mit Sicherheit viel besser gewappnet
sein als wir. Zum Beispiel durch die Gentechnik (Jetzt ist es gesagt! - Siehe auch die aktuell von der Regierung unterstützten Corona-Impfstoffe von
BioNTech, Johnson & Johnson, Moderna und AstraZeneca).
Also 'Augen zu und
durch, mitten hindurch !' und gerne auch ums heiße Eisen herumreden im
Bundestag und den Talkshows bei Lanz, Illner und Maischberger. Richtige
Missstände anzuprangern, traut sich heute ohnehin kaum noch jemand. Es
gibt stets irgendwo eine vom Zeitgeist gehätschelte Minderheit, die sich
dadurch auf die Füße getreten fühlt. Also vorsichtig sein ! Man könnte
ja mit dem elementarsten gesellschaftlichen Konsens kollidieren und das
wäre wirklich ein Unglück und könnte die Populisten von links und rechts
sowie Olaf Scholzs 'Ampel' stärken !
(Zeilen einer weiteren überflüssig gewordene Existenz, die sich in vollen
Zügen dem Missmut über die menschliche Gleichgültigkeit und Ignoranz
gewidmet hat)
FREIHEIT
Übermäßige Freizügigkeit
Es war abzusehen, dass diese übermäßige Freizügigkeit, die man gewissen
Leuten, die das in keiner Weise zu schätzen wissen, gewährt, eines Tages
mit voller Wucht auf einen zurückprallen würde. Aber musste es denn
gleich so schlimm kommen ?
Es scheint gerade eben noch tolerierbar, wenn manche Leute aufgrund
ihrer Unbedarftheit unsere Gesellschaftsordnung als solche ablehnen.
Diese erlegt uns, die wir sie akzeptieren und schätzen, ja immerhin auch
auf, diese Leute nicht sofort aus dem Verkehr zu ziehen. Und die
Versuchung hierfür wäre tatsächlich groß - gerade heutzutage.
Was allerdings zu weit geht, ist, wenn gewisse Leute mit Ihrem
Unschuldslächeln in der Gegend herumläuft und anderen, die bis dato mit
ihrem Leben vollauf zufrieden waren, mit ihren abstrusen Ideen absolut
überflüssige Selbstzweifel ins Hirn setzt. Vor allem, wenn diese anderen
nie geklagt haben - jedenfalls nicht, wenn man sie nicht direkt auf
ihre mangelnde Lebensfreude hin angesprochen hat.
Viele Menschen sind vermutlich nicht imstande, sich auszumalen, in was
für ein Chaos dieses Land geraten würde, wenn selbst schon die
simpelsten Gemüter, die schließlich das Fundament der Gesellschaft
bilden, plötzlich damit beginnen würden, den Status quo auf den Kopf zu
stellen. Man denke nur an die ganzen Familien, die Ehen, die Greise, die
Kinder - sie müssen irgendwoher geschützt werden.
Nachdenken - was heißt das schon ? Wir haben doch wohl alle mal einen
nachdenklichen Tag ... . Deshalb muss sich noch lange nichts ändern -
und schon gar nichts Bewährtes. Wobei man zugeben muss, dass auch
Routine und Gewohnheit töten können: Sie können Gefühle töten mit der
Zeit. Und sie schrecken beispielsweise nicht davor zurück, die Liebe in
einer Ehe zu töten. Allerdings ist auch niemand dazu verpflichtet, um
jeden Preis zufrieden zu sein.
ÜBERDRUSS
Wachsende Selbstzweifel
Viele Menschen machen sich etwas über ihre Unentbehrlichkeit in ihrem
Beruf etwas vor: Sie sind entbehrlich - jeder ist mehr oder weniger
entbehrlich. So etwas muss man einfach akzeptieren, dann kommt man
besser zurecht, langfristig. Jeder ist ersetzbar und letztlich auch nur
ein Rad im Getriebe. Das festzustellen dauert häufig lange. Aber so
schlimm ist es gar nicht.
Dann wird einem auf einmal klar: Die Linken sind Schuld. Natürlich !
Dass man da nicht schon früher drauf gekommen ist ! Alleine schon diese
Terminologie: „Rad im Getriebe“ - Das ist doch typischstes
Gewerkschaftskauderwelsch ! Man fragt sich unwillkürlich: Warum
diskutieren linke Unruhestifter ihre Ansichten nicht einfach mit
irgendwelchen Hausbesetzern aus und verschonen andere in Zukunft mit
derlei Gedankengut ? Sie sollen gefälligst jemand anderes agitieren !
Wenn man auch mit Ehe und Beruf unzufrieden ist, so hat man doch zum
Glück noch seine Kinder. Die bleiben einem schließlich trotz aller
Zweifel. Das ist doch ein Trost. Aber die Vorstellung, ein Teil von
einem würde nach dem Tod in ihnen weiterleben, ist doch eigentlich
ziemlich absurd, wenn man mal in Ruhe darüber nachdenkt. Und es gibt
auch kein Leben nach dem Tod. Für einen selber nicht und für andere auch
nicht. Für niemanden, denn es gibt auch keinen Gott.
Solche blasphemischen Ansichten wird man eines Tages noch bereuen. Bis
dahin geht es weiter, wie bisher. Was soll schon sein ? Man hat sich
endlich wieder unter Kontrolle. Nur - wie man das so sieht - werden
diese Erkenntnisse keine Auswirkungen auf den Lebensstil der Betroffenen
haben. Man hat eben selber miterlebt, dass es möglich ist,
bodenständige Menschen - wie oben bereits konstatiert: die Grundpfeiler
unserer Gesellschaftsordnung - dazu zu bringen, dass sie das bewährte
System anzweifelt. Das ist doch eigentlich erschreckend.
Können moderne Menschen denn wirklich erst zufrieden sein, wenn sie alles unter Kontrolle haben ?
PRESTIGE
Moderner politischer Journalismus
Ob es heutzutage noch mit nennenswertem Berufsethos verbunden ist, ein
politischer Journalist zu sein ? Zweifel sind angebracht:
In publizistischen Kreisen benutzen die Herren der Schöpfung
wahrscheinlich schon fast genauso viele Duftwässerchen, wie die Frauen.
Dass sie dabei zu dem Duft auch gleich noch nach fortgeschrittener
Dekadenz riechen, dürfte für sie dabei kaum eine Rolle spielen - Wenn
sie es überhaupt bemerken.
Ihre Realität ist mit Sicherheit unblutiger als die radikaler
politischer Aktivisten. Denen gegenüber mokieren sich bürgerliche
Journalisten gerne, dass diese auf ihrem Weg einer angeblich besseren
Gesellschaft entgegen etwas viele Tote zurücklassen. Und zwar nicht nur
zahlenmäßig, sondern auch ethisch. Und diese Empörung passiert zu
Recht, denn es hat natürlich Opfer gegeben. Radikale Politische
Ideologien müssen sich Ihren Weg in die Realität eben leider oft erst
mit Brachialgewalt erschließen, um in das Bewußtsein der schweigenden
Masse vorstoßen zu können - werden die interviewten politischen Rowdies
dann vermutlich anmerken. Und investigative Journalisten werden dann
feststellen, dass sie das so aber nun wirklich nicht schreiben können.
Und zwar selbst wenn sie es überaus interessant finden, am Rande der
Legalität unter konspirativen Umständen ein Interview mit radikalen
Politik-Freaks führen zu können. Sie werden sich entsinnen, dass es im
Grunde bürgerliche Medien sind, für die sie schreiben, was den
Polit-Hasardeuren ja auf der anderen Seite immerhin auch die Möglichkeit
verschafft , über Ihren sonstigen Wirkungskreis hinaus Aufmerksamkeit
zu erregen.
Für die Leserschaft des `Hamburger Abendblattes´ oder `Der Zeit´ sind
die menschlichen Aspekte ihres Handelns sicher interessanter als
ideologische Statements. Gerade weil sie für ein sich gutinformiert
haltendes Publikum arbeiten, welches vor allem an Backroundinformationen
interessiert ist.
CYBERROOM
Computer sagt: `Arrogantes Arschloch !´
Wie könnte sich ein Verkaufsgespräch für einen Virtual-Reality-Helm gestalten ? Was könnte eine künstliche Verkäuferin einem Unentschlossenen einflüstern ?
Worauf warten wie denn noch ? Kommen sie, stöpseln Sie sich endlich ein ! Dieses Gerät ist das Neueste auf dem Gebiet. Sie werden sehen: Im Nu sind sie dieser Welt entflogen. Diese niederen Alltagsgepflogenheiten, diese spießigen zwischenmenschlichen Umgangsformen: Das alles wird für ein paar Stunden aus ihrem Leben verschwinden.
Auch wenn sie vielleicht denken mögen `Ich habe mich aber eigentlich daran gewöhnt. Ich kenne es doch gar nicht anders !´, wird das nichts daran ändern, dass jeder, der den virtuellen Trend verschläft, ein arrogantes Arschloch ist. Niemand kommt unbeschadet an dieser neuen Entwicklung vorbei. Wer da nicht mitmacht, scheidet über kurz oder lang aus dem Rennen. So ist das nun einmal in unserer liebgewonnenen Wettbewerbsgesellschaft. Da sollte sich hinterher niemand beklagen. Und wenn sie vielleicht einwenden mögen, dass sie nicht gerade den Drang verspüren, sich an diesen Apparat anzuschließen und dies mit den Worten `Ich glaube, ich brauche so ein Gerät nicht´ ausschmücken, kann ich nur ehrlich erwidern: Wollen sie mich jetzt auf den Arm nehmen ? Sie können mir doch nicht erzählen , dass einer wie sie seinem Alltag ohne technische Behilfsmittel auch nur einen minimalen Lustgewinn entlocken kann. Das würde ich ihnen so brutal auch niemals ins Gesicht sagen, hielte ich nicht gleichzeitig hier in meinen Händen den ganz persönlichen Fluchtweg aus dieser Tristesse für sie bereit. Gerade für Leute wie sie werden diese Geräte doch gebaut ! Also was ist ? Wollen sie sich jetzt einstöpseln oder nicht ? Ich frage sie das ganz unabhängig davon, ob ich sie jetzt für einen Versager halte oder nicht.
Letzteres würde sich allerdings leider nur wieder ein weiteres Mal bestätigen, wenn sie auch diese neue Entwicklungsstufe, die da so erwartungsvoll vor Ihnen liegt, verpassen. Sie werden es nicht bereuen.
EINSAME HERZEN
Urlaub in Irland
Mein Urlaub im Frühling mit Peter in Irland: Auf den hätte ich glatt verzichten können ... ich meine, auf Peter. Was ursprünglich dazu gedacht war, eine Beziehung zu festigen, entpuppte sich schnell als Versuch, neue Abhängigkeiten zu schaffen, nachdem die alten langsam ihre Wirkung verloren hatten.
Also, von der landschaftlichen Schönheit hatte ich jedenfalls nicht soviel als ich ihm erklären musste, dass ich zugunsten seiner, in meinen Augen moralisch fragwürdigen Tätigkeit als leitender Angestellter einer Großbank und zwecks Gründung einer Kleinfamilie nicht bereit wäre, meine Arbeit in der Beratungsstelle für die Opfer allzu emotionalisierter Rechtsprechung bei Eigentumsdelikten aufzugeben. Das führte dann natürlich zwangsweise zur Beendigung unserer Beziehung.
Nur gut, dass die Zimmer in der Pension dicke Wände hatten ! Das war so eine richtig urig umgebaute irische Kate. Und so ein lautstark ausgetragender Streit ist schließlich nicht in jedem Fall für sämtliche Zuhörende ein Gewinn - selbst in so einer kuscheligen Abgeschiedenheit mit endlos viel Moos mit einem herum.
Als ob es etwas Wichtigeres geben könnte als in einem Land, in dem Eigentum das höchste Gut darstellt, die armen Schweine, die an seiner scheinbar ungerechten Aufteilung zu rütteln versuchen, vor der gnadenlosen Verfolgung der hiesigen Justiz in Schutz zu nehmen ! Aber habe ich andererseits durch meine emanzipierte Entscheidung und die daraus resultierende Trennung von meinem Freund damals nicht eigentlich nur meine Freiheit zurückgewonnen, auf dem Markt der einsamen Herzen mein Fleisch erneut mit gutem Gewissen zwecks Kontaktaufnahme zur Schau tragen zu können ? (Prickelnd, wenn man es versteht, die One-Night-Stands, neben denen man morgens aufwacht und deren Namen man möglichst bald wieder vergessen möchte, zu verdrängen)
PHILOSOPHIE
Der Laden menschlichen Zusammenlebens
Ich las neulich in einem dieser Hochglanzmagazine, dass die Anzahl von verhängnisvollen Persönlichkeitsspaltungen bei Jugendlichen in den letzten drei Jahren stark rückläufig war - und das hat mich beruhigt. Sie spalten Atome, sie spalten Gesellschaften und sie spalten Persönlichkeiten. Wohin führt uns das eines Tages ?
Das Chaos ist vorprogrammiert. Man scheint sich den Zeitpunkt seines Eintreffens ja auch sehnlichst herbeizuwünschen, denn sonst hätte man doch schon längst irgendeine Organisation ins Leben rufen müssen, die diese Entwicklung noch rechtzeitig von uns abwenden kann. Und wer ist Schuld an dieser gespannten Lage ? Wer hat ein Interesse daran, dass der Laden menschlichen Zusammenlebens vor die Hunde geht ?
Die Frage, die sich hier stellt, lautet doch ganz nüchtern betrachtet so: Warum erleidet die menschliche Zivilisation ausgerechnet in unserem Beisein -im auslaufenden 20. Jahrhundert- ihren großen Kollaps ? Der Mensch tritt wegen seiner Versäumnisse von der Weltbühne ab - einverstanden. Aber wer, muss man da doch fragen, sitzt in den Startlöchern bereit, dessen Part zu übernehmen ? Und ihn besser zu spielen, denn darauf kommt es doch wohl an !
Sicher sein, dass die vom Neuzeitmenschen beeinflußte Evolution seiner selbst zu einem wirklich würdigen Ziel führen wird, können wir ohnehin erst, wenn der Garten Eden eines Tages seine Pforten für die menschliche Spezies wieder öffnet. Der Fehler, den Eva seinerzeit im Paradies beging, war zwar folgenreich und tragisch; Er liegt aber doch schon so unsäglich lange zurück,
dass sich von den jungen Dingern aus unserer Epoche wohl kaum noch eine darauf besinnen und denselben Fehlgriff glatt noch einmal tätigen würde. Und was würde dann wohl mit der Menschheit geschehen ?
Die himmlische Strafe für eine Rasse von kollektiven Wiederholungstätern müßte ja alleine schon aus pädagogischen Gründen ungleich einschneidender ausfallen als beim ersten Mal. Das wäre dann ein peinliches Szenario.
SELBSTSCHUTZ
Mit den Verhältnissen arrangieren
Manche Leute haben wirklich erschreckend wenig Ahnung davon, was Sache ist, wohin die Welt steuert und wie man sich dabei am besten mit den Verhältnissen arrangiert.
Nehmen wir doch zum Beispiel einmal die Umweltverschmutzung, die Armut und die Überbevölkerung: Statt für diese ganzen modernen Katastrophen krampfhaft nach Lösungen zu suchen, die eh´ nie von Dauer sind, sollte man sich lieber mehr Mühe geben, die Ursachen, die dahinter stecken, besser zu vertuschen. Die Natur hat den Menschen schließlich mit dieser wunderbaren Gabe des geistigen In-die-Ferne-Rückens unangenehmer Sachverhalte ausgestattet. Also sollte man sie doch auch nutzen. Den Stein des Anstoßes, den muss man einfach verschwinden lassen. Dann ist vielleicht endlich Ruhe! Diese täglichen Katastrophenmeldungen wirken sich auf sensible Menschen doch regelrecht lebensverkürzend aus. Also muss man sich davor schützen: Reine Notwehr.
Nun könnte man einwenden, dass die anstehenden Probleme durch Verdrängung doch bestenfalls nur aufgeschoben und nicht gelöst werden: Die werden dann nur weitergegeben an unsere Kinder. Aber dabei braucht man(n) und frau schließlich überhaupt kein schlechtes Gewissen zu haben, denn kommende Generationen werden gegen mögliche Katastrophen mit Sicherheit viel besser gewappnet sein als wir. Zum Beispiel durch die Gentechnik, die famose. Das wird sich später bestimmt noch einmal auszahlen, dass wir heute jede Kritik daran im Atomkern ersticken.
Also einfach nicht so genau hinsehen ! Oder besser noch: Augen zu und durch, mitten hindurch.Was auch kommen mag ! Da kommt sowieso mit hundertprozentigem Verlaß zum ungeeignetsten Zeitpunkt immer nur das im Augenblick gerade Unpassenste.
(Ausführungen einer Existenz, die sich in vollen Zügen dem Missmut über die menschliche Gleichgültigkeit und Ignoranz gewidmet hat)
PLÄDOYER
Vollrausch für Volksvertreter ?
Wenn sie sich einmal die Alltagsarbeit eines Abgeordneten oder einer Abgeordneten vor Augen halten: Gewinnen Sie da nicht den Eindruck, dass das ein ganz frustrierender und nervtötender Beruf sein muss ? Und das womöglich sieben Tage die Woche ! Das politische Leben kommt doch schließlich auch an Sonntagen nicht zur Ruhe. Sowas kann man durchaus einmal anerkennen.
Die Dauerbelastung für unsere Parlamentarier: Die muss doch die Lebensqualität dieser Leute mit Sicherheit ganz schön senken. Niemals abschalten zu können mit der Familie in der sauer verdienten Villa im Grünen; ständig bereit, irgendwelchen neugierigen Journalisten ihre hyperkritischen Fragen zu beantworten; immer auf der Hut vor noch so einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß, der penetrant versucht, irgendwelche verlorengegangenen Steuermillionen aufzuspüren. Das muss absolut deprimierend sein !
Also kann man es durchaus nachvollziehen, wenn unsere gewählten Volksvertreter unter dieser Belastung zu harten Drogen greifen müssen, um das Tag für Tag durchzustehen. Also Kokain gesetzlich endlich freigeben oder wenigstens Hasch ? Aber wenn man´s genau nimmt, ist das doch eigentlich alles Kinderkram. Drogen für asoziale Zukurzgekommene. Zu denken wäre da eher an die Stoffe, die den menschlichen Geist, bzw. das, was von ihm noch übriggeblieben ist, wirklich zu beflügeln ver mögen: Macht und Korruption, aber Macht vor allem. Als Rauschmittel sowie als Aufputschmittel.
Und alle die dagegen zu Felde ziehen, darüber Enthüllungsberichte publizieren und sich dabei immer wieder auf´s Neue entrüsten sind im Grunde nur neidisch und frustriert. Weil sie nämlich genau wissen, dass sie selber während ihres durch schnittlichen irdischen Daseins niemals in den Genuß dieser Wundermittel kommen werden. Aus den ständigen Presseattacken gegen bestechliche Parlamentarier spricht lediglich so etwas wie Futterneid.
RANDGRUPPEN
Schaufenster der Selbsterkenntnis
Ein Clochard, der vorm Kaufhaus neben dem Schaufenster saß, hat `du Flittchen´ zu mir gesagt. Einfach so ! Das hat mich zunächst erschrocken. Aber andererseits: Wenn einer da so Tag für Tag vor einem Kaufhaus sitzt, dann entwickelt er wahrscheinlich mit der Zeit langsam einen Blick für gelangweilte Ehefrauen. 'Gelangweilt' ist gar kein Ausdruck !
Will ich dem Mann vielleicht den Mund verbieten, nur weil er auf seine Art versucht, mir ein eine unangenehme Wahrheit mitzuteilen ? Hat er nicht ebenso wie alle ein Anrecht darauf, zu sagen, was er denkt ? So ein guter Mensch – wenn man darüber nachdenkt ! Und seine tiefen Einsichten behält er auch nicht einfach nur für sich - Er teilt sie einem mit in seiner schlichten Gossensprache.
Ich bin dankbar dafür, dass mich jemand in meiner Rolle als unerschrockene Konsumentin erkannt und nachhaltig bestärkt hat. Und das einfach nur so nebenbei, im Vorübergehen ! Wirklich beeindruckend... . Ich glaube, so ein Denkanstoß war schon seit längerem einmal fällig bei mir. Da spielt es genaugenommen eigentlich gar keine Rolle, ob der einem nun so provokant uncharmant vorgetragen wird oder in einem zivilisierter gehaltenen Umgangston. Wieviel wiegt schließlich ein derartig spontanes, ehrliches Werturteil im Vergleich zu den gewohnten Routinekomplimenten innerhalb einer festgefahrenen Ehe ?
Die Balance eines gemütlichen Einkaufsbummels beispielsweise kann sehr leicht durcheinandergeraten und ehe man es sich versieht, hat man auf einmal einen handfesten Streit. Das geht oft schneller als man im allgemeinen so vermutet. Es kriselt sicher in so mancher nach außen hin abgesichert erscheinenden Ehe. Gerade heutzutage, das weiß man doch!
Allerdings muss man sich aber trotzdem nicht ständig und schon gar nicht beim Einkaufen mit diesen Auflösungserscheinungen unserer gesellschaftlichen Keimzellen auseinandersetzen … genügt schließlich, wenn diese geteilte Einsicht im Hörspiel stattfindet.