1999 startete die damals unabhängige und werbefreie 'Hörspieler'-Internetseite in Hamburg. Inhaltlich stehen seither in unregelmäßigen Abständen und verschiedenen Intensitäten Kritik und Anregungen zum 'Königsmedium' im multimedialen Mittelpunkt.
Neben nachdenklichen Essays, wie `Die Niveau- Drücker - vom volkswirtschaftlichen Schaden durch Flachfunk´ oder `Viel Lärm um nichts - über die schwindende Vielfalt im Hörspielgeschäft´, wurden hier auch Interviews mit Autoren wie Michael Gaida, Sprechern wie Jens Wawrczeck und Produzentinnen wie Heikedine Körting veröffentlicht.
Nachdem die Seite über zwanzig Jahre als 'der Hörspieler' (namensgeberisch anmaßend wie ironisch angelehnt etwa an 'der Spiegel', 'der Tagesanzeiger' oder 'der Märkische Bote') im Netz reüssierte, wurde er 2022 in den Plural 'die Hörspieler' umbenannt, damit auch Frauen und Diverse, die bis dahin vom Lesen und Hören unserer Inhalte ausgeschlossen waren, sich in Zukunft ebenfalls angesprochen fühlen können. Als anbiedernder oder gar rückratloser Kotau vor dem gegenwärtig dominierenden 'aufgewachten' Zeitgeist will sich diese wohlüberlegte Umbenennung jedoch nicht verstanden wissen.
Die Seite bietet versprengten Hörspielliebhabern, die in dem Medium nach wie vor eine wegweisende Kunstform sehen, ein virtuelles Refugium. In diesem Sinne sieht sich der verantwortlich zeichnende Autor ausdrücklich auch als Hörspielaktivist.
Lieber Fantasiereisen im Kopf als CO²-intensive Urlaubstrips: Mit Hörspielen gegen das Klimasterben und die Energiekrise! Hörspiele können als wohlbeleumundetes Königsmedium dazu genutzt werden, das Bewusstsein gerade auch bei Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Migranten und Senioren für Themen wie den Klimawandel zu schärfen und das Verständnis für die Gefahren und Lösungen zu verbessern.
Hörspiele 2025

Wegen gewisser Besonderheiten der derzeitigen innenpolitischen Lage der Bundesrepublik stellte das Satiremagazin moderne21 sein Erscheinen am 31.12.2024 ein. Die Hörspieler erinnern an dessen knapp 18jährige Geschichte mit einem Feature über dessen vier populärste Themen 'Rücksicht', 'Nichtwähler', 'Gewalt' und 'Wirtschaft' - freilich penibel darauf achtend, dass die Inhalte keine Gefühle von Hörerinnen oder Unbeteiligten verletzen:
Die Initiative "Dudelstopp - Musik ohne Zwang" setzte sich satirisch mit der Zunahme unfreiwilligen Musikkonsums im Alltag auseinander und forderte mehr Rücksicht auf Menschen, die sich durch Hintergrundmusik gestört fühlen. Sie strebte einen Ausgleich zwischen den Interessen der Unterhaltungsindustrie und den Bedürfnissen einer Minderheit an, die auditive Selbstbestimmung wünscht, ohne den Musikgenuss anderer zu verteufeln. Es wurden u.a. Lösungen wie ein Hilfsfonds für Betroffene vorgeschlagen.
Die Initiative "Wahlabsage - mehr Demokratie, weniger Politik" setzte sich satirisch mit dem Phänomen der Nichtwähler in Deutschland auseinander und fordert mehr direkte Demokratie sowie eine Modernisierung des Wahlrechts. Sie argumentierte, dass bewusste Wahlverweigerung ein unterschätzter Beitrag zur politischen Veränderung sein kann, während sie die wachsende Nachsicht von Politikern gegenüber Nichtwählern hinterfragte. Sie wollte konstruktiv auf die Schwächen des aktuellen Wahlsystems aufmerksam machen.
Die Initiative "Gewalt geht immer - violare humanum est" kritisierte den Umgang mit Gewaltkriminalität und nutzte Humor, um auf vermeintliche Schwächen in der Kriminalpolitik und der öffentlichen Wahrnehmung aufmerksam zu machen. Sie fragte, ob der Fokus der Justiz zu sehr auf der Rehabilitierung von Tätern statt auf der Unterstützung von Opfern lag. Durch ihren satirischen Ansatz möchte die Initiative zum Nachdenken über Sicherheits- und Gerechtigkeitsfragen anregen, ohne die Ernsthaftigkeit des Themas zu unterschätzen.
Die Initiative "Wir sind wichtig - der Wirtschaft zuliebe" setzte sich satirisch mit den Herausforderungen der modernen Gesellschaft auseinander, insbesondere mit der Vereinzelung und den Opfern, die Menschen für ihre Karriere und die Wirtschaft bringen. Sie kritisierte die Vernachlässigung sozialer Bindungen und die Illusion der eigenen Wichtigkeit, die durch Medien und die Selbstverwirklichungsindustrie gefördert wird. Über die Schattenseiten der Single-Gesellschaft...
Hörspiele 2024

Das schafft nur der selbsternannte 'Demokratiefunk': an Morbidität noch die misanthropischten Privat(hörbuch)verlage zu übertreffen! Von 12 im November in der hauseigenen Mediathek prominent platzierten Hörspielen sind tatsächlich 11 (!) dem Genre 'Krimi bzw. Thriller' zuzuordenen, darunter blutrünstige Machwerke, wie 'bestialische Morde an der Ostküste der U.S.A.'. Komödien, Satiren, experimentelle Stücke, Theateradaptionen, Abenteuer- oder romantische Erzählungen sucht man dagegen vergebens. Lediglich ein einzelnes Science-Fiction-Hörspiel, das tatsächlich auf drastische Gewalt verzichtet, ist in die Auswahl gelangt. Dieser Schwerpunkt wirft Fragen über das vermittelte Menschenbild und die Präferenzen der Redaktionen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auf. Soll das Publikum der gebührenfinanzierten Produktionen vor allem auf düstere oder misstrauische Perspektiven festgelegt werden? Selbstverständlich haben Kriminalhörspiele ihren Platz und können, wie beispielsweise die 'Detective Andy'-Krimis von Anthony J. Ingrassia, gelegentlich sogar humanistische Werte vermitteln oder einfach nur gut unterhalten. Doch eine Auswahl von elf Krimis auf zwölf Titel ist bemerkenswert – und lässt an der inhaltlichen Ausgewogenheit zweifeln.
In der von zwei Expertinnen moderierten Science-Fiction-Hörspiel-Podcast-Reihe Das war morgen überrascht der federführende SDR mit der Wiederholung älterer Hörspiele aus seinem Archiv. Schon damals thematisierten manche dieser Hörspiele, wie Einige tausend Jahre danach von Lothar Streblow (1986), die Erderwärmung als drohende Katastrophe.
Es wird erwartet, dass der SDR bald aus Gründen der Programmvielfalt auch Hörspiele wie An der Eisgrenze von Hermann Ebeling (1981) wiederholt. Dieses Stück bietet eine unterhaltsame und spannende Erzählung über eine mögliche globale Abkühlung des Klimas und steht im Kontrast zum drögen Stil des Streblow-Stücks.
Hörspiele 2023

In der podcastbasierten Aufbereitung des Science-Fiction-Radioklassikers 'Hotel Auferstehung' aus dem Jahr 1969 von Horst Zahlten, in dem ein kleines Land unter den negativen touristischen Auswirkungen einer längerfristigen Wetterabkühlung leidet, klärt der SDR in einem vorangestellten Wortbeitrag zweier Moderatorinnen seine Hörer darüber auf, dass das Stück hinsichtlich des von keinen ernstzunehmenden Wissenschaftlern, Aktivisten oder Politikern mehr bestrittenen Klimawandels als lehrreich anzusehen sei. Es ist sehr hilfreich, dass Rundfunkmitarbeiterinnen Gebührenzahlern bei der korrekten politischen Einordnung historischer Radiostücke behilflich sind - man sollte diesen Service nicht als Bevormundung oder gar medialen Bestandteil einer 'gelenkten Demokratie' ansehen.
Im September reaktivierten die Hörspieler erstmals wieder ihren Podcast mit Eigenproduktionen, da der multimediale Zeitgeist dies gerade wieder trendy zu finden scheint: Das Ende des gesellschaftspolitischen Hörspiels? Ganz und gar nicht! In diesem Podcast findest du eine frische Perspektive fernab erhobener Zeigefinger und moralinsaurer Agitation rund um Science Fiction, Krimis, Grotesken, Satiren, Abenteuer, Grusel ...
Ebenfalls im Spätsommer verstarb der auch in Deutschland während der 70er und 80er Jahre sehr populäre britische Sänger ('Albany') und Kunstpfeiffer Roger Whittaker im hohen Alter. Im ansonsten recht hervorragenden Science-Fiction(-Soap)-Hörspiel 'Unter der Plexikuppel' von Wolfgang Oppenrieder beschwerte sich Ute Mora als in ein futuristisch abgeschottetes Altersheim eingeschlossene 'Seniorin' über die als sadistisch empfundene Dauerbeschallung mit dessen Schlager über 'Fernweh'. Das war vielleicht etwas hart. Aber als Engländer hätte Whittaker solcherlei polemische Anfeindungen mit Sicherheit sportlich weggesteckt.
Wegstecken musste die ironisierende Verächtlichmachung seiner Schlagermusik ebenfalls Roy Black vor über fünfzig Jahren im Hörspiel Ganz in Weiß des epochalen Filmemachers Rainer Werner Fassbinder. Der Ausflug Fassbinders vom Film zum Königsmedium führte sicher auch Fans des Kino-Maestros deutlich vor Ohren, wie unterschiedlich zu beherrschen diese Kunstformen sind. Die vom sogenannten 'Anti-Theater' geprägten in 'Ganz in Weiß' aneinandergereihten niveauvoll stilisierten Monologe über die Insassen einer Jugendbesserungsanstalt vermochten in ihrer Drögheit jedenfalls keine Revolution der deutschsprachigen Hörspielkunst einzuläuten - ganz anders als etwa die Werke Michael Gaidas zehn Jahre später.
Hörspiele 2022

Des Hörspiels hässliche Schwester ... . Der Name dieser Schwester ? 'Musik' ! Sie vermag ebenso wie das Hörspiel, Gefühle und Stimmungen zu stimulieren. Grenzwertig wird es allerdings, wenn sich Bruder 'Hörspiel' und Schwester 'Musik' inzestuös vermischen. Wer kann sich zum Beispiel schon ernsthaft ein gelungenes Hörspiel mit untermalender Electro-Industrial-Musik vorstellen ? Dennoch kommt es mittlerweile routinemäßig zu Vermischungen, die weitaus mehr schaden als nutzen.
Medienpolitik fordert verantwortungsvolle Berichterstattung: Da die gemeinen Bürger mitunter zu unkorrekten politischen Ansichten neigen, ist es ein Segen, dass beispielsweise die der Staatsferne verpflichteten öffentlich-rechtlichen Hörfunksender Verantwortung beweisen und die politische Neutralität hin und wieder vernachlässigen. Den Beleg dafür liefert ein sowohl kritisches als auch nachdenkenswertes Hörspiel über Kriminalberichterstattung im Radio.
Hörspiele sind ideal für Science Fiction, wie wir wissen. Zum Glück müssen wir uns nicht entscheiden, denn das würde uns nicht ganz so leicht fallen: Sowohl öffentlich-rechtliche Science-Fiction-Hörspielproduktionen, also neuerdings Qualitätsmedien-finanzierte Hörspiele, als auch kommerziell motivierte Vertonungen dieses Genres finden Hörerinnen und Hörer und wissen diese zu fesseln. Daher gilt auf diesen Seiten das Motto `the best of both worlds´. Die Utopie stirbt nie.
Konsum kann ein Kitt für Beziehungen sein: Ein hörbar heteronormativ geprägtes gelangweiltes Ehepaar besucht eine innerstädtische Einkaufspassage. Sie und er haben sich gegenseitig nicht mehr viel zu sagen - ein Bettler, der vor einem der Konsumtempel `Stellung´ bezogen hat, ihnen beiden dafür um so mehr. Ob die zwei in der Lage sind, die Einwürfe des unverklärt aufrichtigen Mannes konstruktiv für sich selbst zu nutzen ?
Hörspiele 2021
Es wird hin und wieder kritisiert, dass auf dieser Seite wenig aktuelle Hörspielproduktionen kleinerer Verlage kommentiert werden, insbesonderer solcher, die sich mit der Vermarktung ihrer Eigenproduktionen viel Mühe geben.
Die HÖRSPIELer wollen zwar nicht unsolidarisch mit diesen Veröffentlichungen sein, in denen häufig viel Herzblut steckt.
Aber dennoch: Neuproduktionen, die uns ihre Sprecher lauthals als erfahrene 'deutsche Stimmen' berühmter Hollywood-Stars anpreisen, schrecken grundsätzlich ab. Dahinter steckt die Überlegung, dass Vertonungen, die aus sich selbst heraus mit starken Geschichten, einem befähigten Produktionsteam und gut ausgesuchten Sprechern überzeugen können, es auf keinen Fall nötig haben, mit zweifelhaften Referenzen anderer Medien, die mit Hörspielen eigentlich rein gar nichts zu tun haben, um Aufmerksamkeit zu buhlen.
Was sagt beispielsweise die Tatsache aus, dass ein im 'Klappentext' eines Hörspiels aufgeführter Sprecher die 'deutsche Stimme' von Brad Pitt ist? Richtig - genau überhaupt nichts. Höchstens, dass sich der Sprecher eher auf Synchronisation, denn auf tiefergehende Schauspielerei versteht - auch wenn es hier in Ausnahmefällen kleinere Schnittmengen geben mag.
In Der Verräter aus dem Jahr 1978 von Wolfdietrich Schnurre ringen der hervorragende Schauspieler Herbert Bötticher und seine nicht weniger ausgezeichnete Kollegin Karin Eickelbaum um das Seelenwohl eines kleinen Jungen, das offenbar durch homosexuelle Rollenvorbilder ernsthaft gefährdet scheint. Heute weiß man, dass Kinder von heteronormativen Rollenvorbildern in der Erziehung viel stärker geschädigt werden können und sie vermutlich bei schwulen oder lesbischen Eltern wesentlich besser aufgehoben wären als in der nach wie vor beschissenen binärsexuell-geprägten Realität der Bundesrepublik Anno 2021.
Hörspiele 2020
Noch so ein vermeintlich progressiver Hörspiel-Prophet: Der österreichisch-englische Autor Jakov Lind zeichnete vor dreißig Jahren für das Hörspiel 'Der Erfinder' mitverantwortlich, in dem der sich damals bereits ausbreitende Kindermangel in westlichen Gesellschaften skandalös unsensibel beschrieben und dargestellt wird: Die Frau eines Erfinders kann keine Kinder bekommen und so strebt sie als Ersatzlösung einen Hund an. Sie begründet diesen Wunsch nach Kompensation mit der Feststellung 'Ich kann keine richtige Frau sein, wenn ich keine Mutter sein kann.' - dies würde wohl zu recht keine Feministin heutzutage so stehen lassen können. Auch die Einwände ihres Mannes gegen den animalischen 'Menschersatz' prallen an der unglücklichen Frau ab, wenn er profan feststellt 'Er ist ein Tier und kein Kind - soll er vielleicht im Sandkasten spielen?'.
Zwischen dem um Moral, Ethik und Menschsein streitenden Ehepaar kommt es erst zur Entspannung, als der Erfinder seiner Frau zusichert, ihrem künftigen 'Kind'hund Sprechen beibringen zu wollen. Die satirische Initiative Wir sind wichtig - der Wirtschaft zuliebe, die sich dem Primat der Ökonomie folgend schon lange vor der Lehrerin Verena Brunschweiger für einen gesellschaftspolitisch aktiv zu fördernden Kindermangel eingesetzt hat, merkte bereits an, dass sie den Inhalt des offenbar neuerdings im Internet kursierenden Hörstücks missbilligt, auch wenn heute wie 1990 trotz 'ganz schlechter Scherze', wie dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz und den Uploadfiltern, natürlich Kunstfreiheit herrscht.
Und dies umso mehr, als diese Freiheit im vorliegenden Hörspiel, in dem sich der jüdische Autor Lind zu Formulierungen versteigt à la Vom traditionellen Antisemitismus der Rechten bis hin zum modernen Antisemitimus der Linken, für die politische Mitte in diesem Land gegenwärtig nur schwer auszuhalten scheint.
Die MDR-Produktion 'Westend' mit dem in Kennerkreisen nicht besonders angesagten Ulrich Matthes sowie Anja Schneider nach einer Vorlage von Moritz Rinke hat - wenn auch vermutlich unfreiwillig - das Zeug zum inoffiziellen Hörspiel der 'Generation kinderlos': Einige Pärchen leben fest sowie nur zu Besuch in einer schönen kleinen Villa und führen interessante Gespräche über Sinnfragen. Dabei fallen Sätze wie "Wenn ich durch den Garten gehe, muss ich immer an die Kinder denken, die ich nie hatte..." - das ist ziemlich starker Tobak für ein Hörspiel vom staatsnahen, nicht eben Merkel-kritischen Mitteldeutschen Rundfunk.
Auch stellen sich die Pärchen mehr als einmal untereinander die Frage 'Warum habt ihr keine Kinder?', die - wen wird es wundern - natürlich unbeantwortet bleibt. Dafür wird über 'Sicherheitsgurte für Hunde' fabuliert, die ja in modernen Familien, die schon länger hier leben, mittlerweile längst karrierebehindernden Kindern den Rang abgelaufen haben, wie auch die satirische Initiative Wir sind wichtig - der Wirtschaft zuliebe bestätigen kann. Dennoch verblüfft die mitteldeutsche Hörspielproduktion aus dem Jahr 2020: Unter der Regie von Stefan Kanis wird den Frauen tatsächlich ein gewisser Grad an Weiblichkeit und den Männern ein gewisser Grad an Reife zugestanden (hat hier vielleicht der Rundfunkrat geschlafen?).
Und gerade die weiblichen Figuren reden in dem Stück häufig ziemlich pathosgeladen und bedeutungsschwer daher in ihrer Angst 'alt und wertlos aus der Welt zu fallen'. Hörenswerte, wenn auch nicht herausragende Reminiszenz an Goethes Wahlverwandtschaften.
Hörspiel-Enttäuschungen von gestern und vorgestern
Was tut man, wenn man das Bedürfnis nach schlechter Energie und Bestätigung restlos überkommener weiblicher sowie männlicher Rollenbilder hat? Richtig - man hört sich das WDR3-Hörspiel Das Geschenk - Sex-Party zum Geburtstag von Philine Conrad & petschinka an, das der umstrittene Hörfunksender seinen Hörern impertinenterweise auch noch als Liebesdrama verkaufen will.
Die Schauspieler, die diesen misanthropisch-vulgären Reigen an Vorwürfen, Eifersucht und vermeintlich moderner Notgeilheit à la Carolin Kebekus merkbar lustlos eingesprochen haben, können einem im Nachhinein noch leid tun.
Hoffentlich dürfen sie irgendwann auch einmal bei einem Hörspiel mitwirken, das eine originelle, nachdenkenswerte Geschichte über interessante Menschen erzählt, die dann vielleicht sogar zu Recht als 'Liebesdrama' bezeichnet werden dürfte (und sei es als humorvolle Groteske, wie beispielsweise in dieser herausragenden Produktion). Eine gelungene Ehrenrettung für das Hörspiel-Genre 'Partygespräche' liefert Juliane Schmidt 2020 mit einer Bearbeitung des Theaterstücks
Die Ermüdeten oder Das Etwas, das wir sind von Bernhard Studlar für den unter Korruptionsvorwürfen stehenden RBB über realistische Figuren und ihre glaubwürdigen post-modernen Probleme.
Von wegen 'tragikkomischer Klassiker': Was der SWF 1958 mit der Verhörspielung des Vicki-Baum-Klassikers Menschen im Hotel verhunzt hat, geht auf keinen USB-Stick. Man freut sich auf die junge Brigitte Horney, die z.B. in der Martin-Walser-Vertonung 'Lindauer Pieta' (1975) brillierte, und bekommt bei der ARD für 80 Minuten eine hochsinistre und vollkommen humorbefreite Hörspieltristess geboten, die einen wünschen lässt, am besten nie mehr in einem Hotel - egal wo auf der Welt - absteigen zu müssen. Schade um das nichtgenutzte Schauspielerinnen-Potenzial.
Man ist zurecht gespannt auf die drei hochkarätigen Schauspieler Otto Sander, Angelica Domröse und Jürgen Thormann in Das Genauigkeitsprinzip - Was, wenn man weiß, wann man stirbt? von Marcy Kahan in der ARD und bekommt stattdessen ein nichtssagend psychologisierendes Hörspiel-Machwerk aus dem Jahr 2000 geboten, bei dem man während des Hörens beinahe geneigt ist, sich selbst ebenfalls eine kürzere Lebenszeit zu wünschen. Dass der Produzent dieses sich an den Zeitgeist anbiedernden Hörspiels der umstrittene WDR war, wundert hingegen wenig, hat dieser sich doch mit dem Lied Oma ist ne alte Umweltsau als kaum verhohlener Menschenfeind geoutet.
AUCH HÖRSPIELE BETROFFEN? - Mediengewalt
Wie wirken massenmediale Gewaltdarstellungen auf das soziale Handeln Jugendlicher? Diese Frage beschäftigte bereits Generationen von Wissenschaftlern. Zum Thema `Wirkungen von Mediengewalt´ existieren weltweit schätzungsweise über 5000 Studien, deren Befunde einander z.T. völlig widersprechen. Auch ist die Prognosefähigkeit von Medienwirkungen immer noch erstaunlich gering.
Die Unterstellung, die von Öffentlichkeit und Teilen der Politik gegen die elektronischen Massenmedien erhoben wird, ist die, dass ein Zusammenhang existiert zwischen dargestellter Mediengewalt auf der einen und dem Auftreten tatsächlicher Gewalt auf der anderen Seite.
Gewalt ist ein schon lange nicht mehr wegzudenkender Bestandteil des Kinder-, Jugend- und Erwachsenen-Unterhaltungsprogramms in den Massenmedien. Mit dem Einsatz von Gewalt kann schnell Spannung aufgebaut werden (sowohl mit Nachrichten- als auch mit erfundener Gewalt).
Der HÖRSPIELer hält es für zulässig, Ergebnisse der Medienwirkungsforschung, die hauptsächlich audiovisuelle Medien wie TV, Videos, Filme usw. untersucht haben, auf das Medium Hörspiel zu übertragen.
Gerade im kommerziellen Hörspielbereich existieren sehr viele Titel, die violente Inhalte an den jugendlichen Konsumenten bringen wollen (z.B. John Sinclair- oder Dan Shocker-Hörspiele, neuer Trend sog. `Splatter-Hörspiele´; selbst Sailor Moon-Hörspiele, die mehrheitlich von Mädchen gehört werden).
Die Öffentlichkeit hat nach wie vor eine gänzlich andere Meinung zu den Wirkungen von Mediengewalt als die Wissenschaft. Auch die Politik macht die Medien immer wieder gerne zum Sündenbock für eine verfehlte Familien- und Jugendpolitik.
MEDIENPOLITIK - Mahner in der Mediengesellschaft
In der Welt der Medienmahnungen, wo besorgte Stimmen den Einfluss der Massenmedien auf die heranwachsende Generation kritisieren, erntet man erfahrungsgemäß mehr skeptische Blicke als Zustimmung. Ein Nicken hier, ein vages "Ja, es wird wirklich schlimmer mit der Gewalt im Fernsehen" da – so erschöpft sich meist die Bereitschaft, sich mit den Schattenseiten des Medienalltags auseinanderzusetzen. Die elektronischen Pharmaka gegen Langeweile und Einsamkeit sind längst zu unentbehrlichen Begleitern geworden, als dass man ihre Freiheiten in Frage stellen möchte. Doch wer würde unter solchen Umständen noch den Mahner spielen wollen?
In einer Zeit, in der der Schutz von Kindern vor schädlichen Medienwirkungen kaum mehr Wert hat als die Sonntagsreden politischer Lippenbekenntnisse, stellt sich die bittere Erkenntnis ein: Die Bundesrepublik kann sich ökonomisch und sozial die aktuelle Medienpolitik auf mittlere Sicht schlichtweg nicht mehr leisten. Das gegenwärtige System der Massenmedien verursacht schwere Schäden an den mentalen Ressourcen des Landes:
- Jugendlichen wird die Entwicklung von Ehrgeiz erschwert.
- Dysfunktionale Verhaltensweisen aus der Medienwelt finden Einzug in die Lebenswelt der Jugendlichen.
- Gesellschaftliche Grundwerte werden untergraben.
Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen diese beunruhigenden Entwicklungen:
Da ist Alexander, zwölf Jahre jung, der für seinen Berufswunsch "Gangster" oder zumindest "Zuhälter" von seiner Klasse belächelt wird. Seine trotzig vorgebrachte Verteidigung: Die Rapper im Musikfernsehen machen doch ständig Werbung für diesen Lebensstil, und alle finden es "voll cool", selbst die Erwachsenen.
Oder Melanie, 15 Jahre alt, die ihre Mutter mit dem Geburtstagswunsch nach operativer Verkleinerung ihrer Nasenflügel irritiert. Obwohl von Bekannten und Nachbarn als 'hübsch' bezeichnet, sieht sich das Mädchen, das regelmäßig verschiedene 'Bachelor'-Formate im TV konsumiert, eher dem Druck eines Schönheitschirurgen als der Unterstützung einer engagierten Nachhilfelehrerin ausgesetzt.
Die medienpolitische Diskussion in Deutschland befindet sich nicht nur in einem historischen Tiefstand – das Problem liegt nicht nur in den Inhalten, sondern vor allem in der völlig diffusen Kommunikation über diese Themen.
Hörspiele für 'alte weisse Männer' haben ihre Daseinsberechtigung
Viele Hörer entziehen sich der seit rund zwanzig Jahren andauernden künstlerischen und politischen Erneuerung des deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen Hörspielwesens. Bei ihnen handelt es sich überwiegend um mittelalte bis alte weiße Männer und wenige offenbar nicht sehr emanzipierte Frauen, die weiterhin an konventionellen Medieninhalten und -formen Gefallen finden. Die Internetpräsenz `HÖRSPIELer' sieht sich neuerdings mit Kritik konfrontiert, der beschriebenen Klientel eine virtuelle Heimat zu bieten. Die Verantwortlichen für die Seite erkennen das Problem ausdrücklich an, aber dennoch ist in nächster Zeit keine Neuausrichtung hin zu einer unproblematischeren Zielgruppe geplant.
Eines vorweg: Die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Hörspiels in der Bundesrepublik ist eine positive. Wo bis in die Neunziger Jahre hinein fast durch die Bank Männer im mittleren und höheren Alter in den Redaktionen, im Studio und an der Schreibmaschine dieses Medium prägten, wurden im neuen Jahrtausend politisch unterstützt mehr und mehr freiwerdende Stellen von Frauen besetzt oder zumindest von nicht heteronormativ geprägten Männern. Durch diesen Prozess wurde das Hörspiel geschlechtergerechter und konnte deutlich mehr Teilhabe für benachteiligte Minoritäten bieten.
Wer, außer Ewiggestrigen, könnte hiergegen ernsthaft etwas einzuwenden haben?
Hauptprotagonisten des modernen Hörspiels der öffentlich-rechtlichen Anstalten sind Frauen, die sich gegen patriarchale Strukturen engagieren, Migranten, die unter Vorbehalten gegenüber ihrer Kultur leiden, oder Angehörige sexueller Minderheiten, die gegen Diskriminierung kämpfen. Frühere Hörspielautoren, wie Alfred Andersch oder Friedrich Dürrenmatt, behandelten in ihren Stücken existentielle Themen wie Liebe, Tod und Verbrechen. Heutige Autorinnen, wie Sibylle Berg oder Elfriede Jelinek, bevorzugen aktuellere Themen, wie Gleichstellung, Migration und Diversität. Das ist dem gegenwärtigen Zeitgeist geschuldet und befürwortenswert, weshalb es auch nachrangig scheint, dass die modernen Hörspiele kaum noch provokativ oder gar innovativ sind. Mit ihnen wird Haltung gezeigt.
Dennoch werden Besucher der `HÖRSPIELer' nicht ausgegrenzt, die an althergebrachten und ihrer Meinung nach bewährten Hörspielformen und -inhalten festhalten möchten und für die das moderne Hörspiel der öffentlich-rechtlichen Sender zu systemkonform und damit schlicht uninteressant geworden ist. Nochmals: DIE 'HÖRSPIELer' TEILEN SOLCHE ANSICHTEN NICHT, ihnen liegt jedoch an der Inklusion dieser von der Medienpolitik zurückgelassenen Hörerschaft - und sei es nur, damit sie sich wegen des Gefühls des Unverstandenseins in ihrem privaten, beruflichen oder politischen Leben nicht radikalisiert.
Kurze Hörspiel-Einführung
Das Hörspiel (im Englischen auch Radio Drama genannt) ist eine Kategorie von Radio-Inhalten mit theatralischem oder phantasievollem Inhalt. Da visuelle Komponenten fehlen, ist die dramatisierte, rein akustische Aufführung auf Dialoge, Musik und Soundeffekte angewiesen, um dem Hörer zu helfen, sich die Figuren und die Geschichte in dessen rein auditiver Dimension vorzustellen.
Zum Hörspiel gehören speziell für das Radio geschriebene Stücke, Dokudramen, dramatisierte belletristische Werke sowie Stücke, die ursprünglich für das Theater geschrieben wurden. Hörspiele müssen nicht unbedingt speziell für die Ausstrahlung im Radio bestimmt sein. Es gibt sie auch auf CDs, Kassetten, Podcasts, Webcasts oder anderen digitalen Downloads. Speziell im deutschsprachigen Raum ist seit Jahrzehnten die Verbreitung von Kinder- und Jugendhörspielen (meist auf Kassetten, später auch auf 'moderneren' Medien) sehr populär und bot seit jeher eine gute Ausgangslage bzw. Vorbereitung junger Hörer für einen späteren Umstieg auf 'ernsthaftere' Radiohörspiele.
Dank der Fortschritte bei der digitalen Aufzeichnung und der Verbreitung über das Internet erfuhr das Hörspiel ab der Jahrtausendwende einen Aufschwung. Podcasting bot seither die Möglichkeit, kostengünstig neue Hörspiele zu erstellen und alte Sendungen zu verbreiten. Zudem bieten Hörspiele auch dort Unterhaltung, wo Fernsehen entweder nicht erwünscht ist oder ablenken würde (z. B. beim Autofahren, während des Verrichtens verantwortungsvoller Arbeit oder beim Bedienen von Maschinen).
Die Musik spielt eine umstrittene Rolle im Hörspiel: In oberflächlichen Vertonungen für den Mainstream (z. B. Die drei Fragezeichen) ist eine umfangreiche Musikuntermalung des Stückes sehr stilprägend und selbst in anspruchsvollen Stücken (wie z. B. in 'Apocalypso oder Äußerst besorgt, zutiefst befriedigt' von Michael Gaida) kann ihnen eine gewisse unterstützende Wirkung nicht gänzlich abgesprochen werden. Hörspiel-Puristen sowie Aktivisten gegen die ausufernde Musikberieselung im öffentlichen Raum sowie in den Medien lehnen ausgedehnten Musikeinsatz in Hörstücken hingegen ab.
Da es in Hörspielen keine visuellen Elemente gibt, können in der Handlung auch sehr einfach phantastische Kulissen und Effekte verwendet werden, deren Kosten in Film oder Fernsehen schnell den Budgetrahmen sprengen würden. Der äußerst populäre britische Science-Fiction-Stoff von Douglas Adams Per Anhalter durch die Galaxis wurde zunächst als Hörspiel produziert und erst viel später in einer ebenfalls recht netten Umsetzung (teilweise mit Originalsprechern aus der Radio-Vertonung) für das Fernsehen adaptiert, als seine Popularität einen angemessenen Gegenwert für die hohen Kosten der aufwändigen Umsetzung sicherstellen konnte.
Hörspiele sind in weiten Teilen der Welt nach wie vor sehr beliebt, auch wenn das meiste Material inzwischen über das Internet heruntergeladen und nicht mehr über das UKW- bzw. Kurzwellenradio gehört wird. Sender, die Hörspiele produzieren, geben oft eine große Zahl von Drehbüchern in Auftrag. Die relativ geringen Kosten für die Produktion eines Hörspiels ermöglichen es ihnen, auch Werke unbekannterer Autoren in Angriff zu nehmen. Zusätzlich besteht der Vorteil, dass schlechte Texte nicht durch Bühnenkunst kaschiert werden können. Wegen der edlen Beschränkung auf das Wesentliche, wird das Hörspiel auf diesen Seiten auch gerne 'Königsmedium' genannt ...
Viele Hörspieler in Deutschland sind zudem bekennende Fans der ARD-Audiothek, OBWOHL sie (das muss man in diesen Zeiten betonen) in ihrer ganz überwiegenden Mehrheit sicher KEINE Antisemiten oder totalitäre Hetzer gegen politisch Andersdenkende sind.
Hörspiele royale
Die „Hörspiele royale“ umfassen eine Reihe herausragender deutscher Hörspiele, die sich durch ihre künstlerische Qualität und ihren Einfluss auf das Medium auszeichnen.
Zu diesen gehört zunächst Auf zur Venus aus dem Jahr 1982, verfasst von Michael Gaida und inszeniert von Manfred Marchfelder. Das Hörspiel hat eine Länge von 57 Minuten und wird von den Hauptdarstellern Uwe Müller, Helga Anders, Monika Hansen, Erwin Schastok und Peter Matic getragen. Es folgt „Apocalypso oder äußerst besorgt, zutiefst befriedigt“ aus dem Jahr 1983, ebenfalls von Michael Gaida geschrieben, unter der Regie von Robert Matejka. Mit einer Länge von 70 Minuten sind hier Angelica Domröse und Bruno Ganz die Hauptstimmen.
Ein weiteres Werk ist „Blutbad“ aus dem Jahr 1973, verfasst von Sylvia Hoffman und inszeniert von Christian Gebert. Es dauert 51 Minuten und features Hans Korte, Ingeborg Engelmann, Elke Aberle, Ulrich Faulhaber sowie Heinz Werner Kraehkamp als Hauptdarsteller. Aus dem Jahr 1976 stammt „Die Brandung von Hossegor“, geschrieben von Alfred Andersch und unter der Regie von Otto Düben realisiert. Mit einer Länge von 88 Minuten sind Christian Brückner, Christoph Quest, Ursela Monn und Barbara Freier die zentralen Stimmen. „Fehler im System“ aus dem Jahr 1989, verfasst von Richard Strand, bearbeitet von Franziska Hirsbrunner und inszeniert von Pierre Kocher, dauert 39 Minuten und wird von Wolfgang Grabow, Renate Müller und Anja Brünglinghaus gesprochen.
Ebenfalls zu den „Hörspielen royale“ gehört Leute wie wir aus dem Jahr 1981, geschrieben von Donovan O'Malley, übersetzt von Hubert von Bechtolsheim, bearbeitet von Monika Klostermeyer und unter der Regie von Hans Rosenhauer umgesetzt. Mit einer Länge von 45 Minuten treten hier Katharina Thalbach und Stephan Schwartz auf. „Das Profil der Gemütlichkeit“ aus dem Jahr 1984, verfasst von Fritz Mikesch und inszeniert von Michael Gaida, ist mit 28 Minuten das kürzeste Hörspiel der Reihe und wird von Gert Haucke und Marie-Luise Marjan gesprochen. „Nach dem Regen“ aus dem Jahr 1998, geschrieben von Sergi Belbel, übersetzt von Klaus Laabs und sowohl bearbeitet als auch inszeniert von Barbara Plensat, erstreckt sich über 73 Minuten mit den Hauptdarstellern Wolfgang Draeger, Herbert Fritsch, Antje v.d. Ahe und Sophie Rois.
„Nach Tübingen oder Lauf, Friedrich, lauf!“ aus dem Jahr 1989, verfasst von Frank Werner und unter der Regie von Hans Rosenhauer, dauert 42 Minuten; die Hauptdarsteller sind hier nicht vollständig angegeben. Abschließend gehört Science Fixion von Peter Jacobi aus dem Jahr 1979, inszeniert von Manfred Marchfelder mit Henning Venske als zynischem 'Moderator', zur Reihe.
Beteiligte Schauspieler

Hörspieler royale
Im deutschsprachigen Hörspielbereich haben zahlreiche Personen bedeutende Beiträge geleistet:
Michael Gaida war Autor von 'Auf zur Venus' (1982) und 'Apocalypso oder äußerst besorgt, zutiefst befriedigt' (1983) sowie Regisseur von 'Das Profil der Gemütlichkeit' (1984). Manfred Marchfelder führte Regie bei 'Science Fixion' (1979) und 'Auf zur Venus' (1982). Alfred Andersch schrieb 'Die Brandung von Hossegor' (1976). Barbara Plensat bearbeitete und inszenierte 'Nach dem Regen' (1998). Sylvia Hoffman verfasste bereits 1973 die bitterböse Mediensatire 'Blutbad'. Richard Strand war Autor von 'Fehler im System' (1989). Donovan O'Malley schrieb 'Leute wie wir' (1981), in dem -wie in mehreren seiner Stücke- Außerirdische unmerkbar die Menchheit unterwandern. Fritz Mikesch verfasste 'Das Profil der Gemütlichkeit' (1984), in dem laut Anekdote von Michael Gaida die Sprecher Gert Haucke und Marie-Luise Marjan hinter den Mikrofonen alles andere als gemütlich miteinander umgingen - was der herausragenden Produktion glücklicherweise nicht anzuhören ist. Sergi Belbel war Autor von 'Nach dem Regen' (1998). Frank Werner schrieb 'Nach Tübingen oder Lauf, Friedrich, lauf!' (1989). Robert Matejka führte Regie bei 'Apocalypso oder äußerst besorgt, zutiefst befriedigt' (1983). Christian Gebert inszenierte 'Blutbad' (1973). Otto Düben war Regisseur von 'Die Brandung von Hossegor' (1976). Pierre Kocher führte Regie bei 'Fehler im System' (1989). Hans Rosenhauer inszenierte 'Leute wie wir' (1981) und 'Nach Tübingen oder Lauf, Friedrich, lauf!' (1989). Franziska Hirsbrunner bearbeitete 'Fehler im System' (1989). Hubert von Bechtolsheim übersetzte 'Leute wie wir' (1981). Monika Klostermeyer bearbeitete ebenfalls 'Leute wie wir' (1981). Klaus Laabs übersetzte 'Nach dem Regen' (1998).
Weitere Personen, die für den Hörspielbereich hierzulande unverzichtbar waren, sind Douglas Adams, Andreas E. Beurmann, Marina Dietz, Hans Gerhard Franciskowsky (H.G. Francis), Jens Hagen, Konrad Halver, Hans-Joachim Herwald, Anthony Ingrassia, Stefan Kaminski, Ingomar von Kieseritzky, Heikedine Körting, Alfred Krink, Eva Maria Mudrich, Rainer Puchert, Michael Schulte, Toyo Tanaka, Jens Wawrczeck und Douglas Welbat.
Satirische Hörspiele im Kunsthaus Tacheles: Ein Fenster zur Berliner Alternativkultur
Zwischen 2006 und 2010 entstanden im Berliner Kunsthaus Tacheles die Hörspiele Groupiedämmerung oder ein Abend im Hickhack und Verrat auf dem Land, geschrieben und produziert von Hartmut Lühr exklusiv für diesen legendären Ort. Das Kunsthaus Tacheles, ein ehemaliges Kaufhaus in der Oranienburger Straße, wurde 1990 von Künstlern besetzt und entwickelte sich zu einem Zentrum für experimentelle Kunst, gesellschaftliche Kritik und alternative Kultur. Bis zu seiner Schließung im Jahr 2012 war es ein Symbol für die kreative Freiheit Berlins nach der Wende (Kunsthaus Tacheles). Lührs Hörspiele sind ein integraler Bestandteil dieses kulturellen Erbes.
Groupiedämmerung oder ein Abend im Hickhack, aufgenommen im Jahr 2007, ist eine 38-minütige satirische Produktion mit einer prominenten Besetzung: Debora Weigert, Laurent Daniels, Ades Zabel, Jenny Bins und Christian Senger. Die Handlung dreht sich um Leo Greller, einen professionellen Meckerer, der während einer Fetischnacht im fiktiven „HickHack-Club“ auf aggressive urbane Hedonisten trifft. Mit minimalen Soundeffekten und einem Fokus auf scharfzüngige Dialoge entlarvt das Hörspiel die Oberflächlichkeit und moralischen Dilemmata der Clubkultur (Hörspiel anhören). Es spiegelt die bissige Gesellschaftskritik wider, die das Tacheles auszeichnete, und zeigt, wie Kunst genutzt wurde, um zeitgenössische Lebensweisen zu hinterfragen.
Verrat auf dem Land, mit Ninoschka Schlothauer, Tom Wlaschiha und anderen, ist hier zu hören. Details zur Handlung oder Laufzeit sind schwer zugänglich, doch angesichts Lührs Hintergrund als Soziologe und Satiriker – bekannt für Stücke wie Staatsnah und seine Beteiligung an der satirischen Initiative „moderne21“ (moderne21) – ist anzunehmen, dass dieses Hörspiel Themen wie Korruption, soziale Spannungen oder Verrat in ländlichen Kontexten behandelt. Die Besetzung deutet auf eine ebenso starke Ensembleleistung hin wie bei Groupiedämmerung, und es passt in den Rahmen der kritischen Werke, die das Tacheles förderte.
Das Kunsthaus Tacheles war weit mehr als ein physischer Raum – es war ein ideologisches Zentrum der Berliner Post-Wende-Kultur. Hartmut Lühr, tief verwurzelt in dieser Szene, prägte die Ära nicht nur mit seinen Hörspielen, sondern auch mit Veranstaltungen wie satirischen Diskussionen und der Gründung von „moderne21“, die 2007 im Tacheles begann und später online fortgeführt wurde. Die Hörspiele, entstanden zwischen 2006 und 2010, fangen die kulturelle Dynamik Berlins in einer Zeit des Umbruchs ein. Sie zeigen, wie Kunst und Gesellschaftskritik Hand in Hand gingen, und bleiben ein Vermächtnis dieses einzigartigen Ortes, selbst nachdem das Tacheles 2012 seine Tore schloss.
Hörspielmusik statt Mietschulden
Carsten Bohn ist ein Name, der in der Welt der deutschen Hörspiele einen besonderen Klang hat. Seine Musik für das EUROPA-Label, insbesondere für Serien wie Die drei Fragezeichen, TKKG, Larry Brent und Macabros, prägte eine Ära, die bis heute in den Herzen vieler Zuhörer nachhallt. Zwischen 1979 und 1983 schuf Bohn Melodien, die nicht nur Geschichten untermalten, sondern selbst zu Geschichten wurden . Seine Zusammenarbeit mit Heikedine Körting und Dr. Andreas E. Beurmann, den kreativen Köpfen hinter EUROPA, war ein Zusammenspiel aus Zufall und Kreativität.
Bohns Beitrag begann in einer Zeit, als Hörspiele noch die Fantasie von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beflügelten. Seine Kompositionen für Die drei Fragezeichen wurden zum akustischen Markenzeichen der Serie. Wer die Titelmelodie hört, sieht sofort die drei Detektive vor sich, wie sie in Rocky Beach ein neues Rätsel lösen. Ebenso verlieh er TKKG mit seinen aus dem deutschen 'Krautrock' (Frumpy, Tangerine Dream, Neu! etc.) hervorgegangenen Klängen eine unverwechselbare Energie, die Tim, Karl, Klößchen und Gaby auf ihren Streifzügen begleitete. Für Larry Brent und Macabros schuf er düsterere, geheimnisvolle Stimmungen, die den Grusel für manche Hörer noch zusätzlich unterstrichen.
Die Zusammenarbeit mit Heikedine Körting und Andreas E. Beurmann war das Herzstück dieser Schaffensphase. Bohn lernte das Duo unter ungewöhnlichen Umständen kennen: Als Musiker in finanziellen Nöten mietete er eine Wohnung von ihnen in Hamburg. Als die Miete ausblieb, boten ihm Körting und Beurmann eine kreative Lösung an – er sollte Musik für ihre Hörspiele schreiben. Was als pragmatischer Deal begann, entwickelte sich schnell zu einer fruchtbaren Partnerschaft. Körting, die mit ihrer Vision Hörspiele zu „Filmen ohne Bild“ machte, und Beurmann, dessen musikalisches Gespür die Produktionen prägte, fanden in Bohn einen Komponisten, der ihre Ideen in Klang übersetzen konnte. Gemeinsam schufen sie Werke, die weit über die damalige Zeit hinaus Bestand haben.
Bohns Musik war dabei mehr als nur Begleitung. Er verstand es, mit gekonnten Arrangements eine Atmosphäre zu erzeugen – sei es die Spannung eines Kriminalfalls oder die unheimliche Stille vor einem Schreckmoment. Diese Kunst machte ihn zu einem unsichtbaren Erzähler, der die Geschichten durch Klang lebendig werden ließ.
Auch wenn Bohns aktive Zeit bei EUROPA nach wenigen Jahren endete, lebt sein Erbe weiter. Seine Kompositionen sind ein Stück Kindheit für viele, ein akustischer Anker, der Erinnerungen weckt. In einer Welt, die immer visueller wird, erinnern seine Werke daran, wie mächtig das Hören sein kann. Die Zusammenarbeit mit Körting und Beurmann zeigt, wie aus Zufällen große Kunst entstehen kann – und wie Musik Geschichten unsterblich macht.
Hörspiele als Einschlafhilfe
Wenn die Nacht still wird und die Gedanken kreisen, finden viele Trost in einer vertrauten Begleitung: dem Hörspiel. Geschichten wie die Abenteuer von jugendlichen Detektiven oder sanfte Erzählungen wiegen uns in den Schlaf. Besonders in Deutschland, wo Hörspiele eine tiefe kulturelle Wurzel haben, sind sie mehr als Unterhaltung – sie sind ein nächtliches Ritual. Doch was macht sie so wirksam, und wo lauern Fallstricke?
Der Zauber liegt in ihrer Vertrautheit. Eine ruhige, monotone Stimme, die uns durch bekannte Geschichten führt, wirkt wie ein sanftes Wiegenlied. Kinder finden darin Sicherheit, weil sie wissen, was kommt, und sich entspannen können. Erwachsene schöpfen aus Erinnerungen an unbeschwerte Tage, wenn sie in vertrauten Abenteuern oder Freundschaftsgeschichten schwelgen. Diese Wirkung ist kein Zufall: Wiederholbare Erzählungen beruhigen den Geist, schaffen Vorhersehbarkeit und lenken von Sorgen ab. Die monotone Sprache wird fast zu einem sanften Hintergrundrauschen, das den Kopf freimacht.
Hörspiele helfen, Rituale zu schaffen, die den Schlaf einleiten. Sie spenden Geborgenheit, wecken Erinnerungen und sind praktisch: Geräte mit Zeitschaltuhren oder spezielle Kopfhörer, die wie Stirnbänder getragen werden, machen die Nutzung bequem. In einer Kultur, die Geschichten schätzt – von alten Erzählungen am Feuer bis zu modernen Audioplattformen – sind Hörspiele ein Bindeglied zwischen Tradition und Gegenwart. Sie spiegeln den Wunsch nach Ruhe in einer Welt, die selten stillsteht.
Doch es gibt Schattenseiten. Kinder könnten ohne Hörspiele nicht mehr einschlafen, was ihre natürliche Schlaffähigkeit schwächen kann. Spannende Geschichten, etwa mit gruseligen Wendungen, können den Schlaf stören oder unruhige Träume auslösen. Zu laute Wiedergabe birgt Risiken für das Gehör, weshalb Geräte mit begrenzter Lautstärke, besonders für Kinder, ratsam sind. Und nicht jeder mag die Begleitung durch Stimmen – manche sehnen sich nach absoluter Stille, um zur Ruhe zu kommen.
Trotz dieser Einwände bleiben Hörspiele eine wertvolle Hilfe, wenn man sie klug einsetzt. Beruhigende Inhalte, moderate Lautstärke und ein bewusster Umgang verhindern, dass sie zur Gewohnheit werden. In einer hektischen Zeit schaffen sie einen Moment der Stille, eine Brücke in den Schlaf, gewoben aus vertrauten Klängen und Geschichten. Die Kunst ist, sie als Begleiter zu nutzen, ohne sich an sie zu klammern – ein sanfter Tanz zwischen Nostalgie und Unabhängigkeit.
Autorenproduktionen in 2003 und 2025
Im Jahr 2003 führte der freie Autor Caspar Oehlschlägel ein aufschlussreiches Interview über die Rolle von Autorenproduktionen im Hörspielbereich und deren ambivalente Beziehung zu den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dieses Gespräch beleuchtet die Vor- und Nachteile dieser Produktionsweise sowie die Haltung der Sender und enthält Beobachtungen, die auch im Jahr 2025 für das deutschsprachige Hörspielwesen relevant bleiben werden. Durch die fortschreitende Digitalisierung und den technologischen Wandel wird die Diskussion um Autorenproduktionen und die Förderung neuer Talente weiterhin an Bedeutung gewinnen.
Im Interview beschreibt Oehlschlägel die Autorenproduktion als eine flexible und kreative Alternative zur traditionellen Hörspielproduktion. Autoren, die ihre Werke selbst produzieren, können unabhängig arbeiten und ihre Vision ohne ständige Absprache mit einem großen Team umsetzen – eine Arbeitsweise, die er mit dem „Bildmalen“ vergleicht, bei dem Schichten hinzugefügt und experimentiert wird, bis das Werk vollendet ist. Diese Freiheit kommt jedoch mit Einschränkungen: Nicht jeder Autor möchte oder kann die technischen und organisatorischen Anforderungen einer Eigenproduktion übernehmen, und viele bevorzugen die Zusammenarbeit in einem kollektiven Prozess.
Kritisch sieht Oehlschlägel die Haltung der öffentlich-rechtlichen Sender. Zwar akzeptieren sie Autorenproduktionen, zeigen aber Skepsis gegenüber deren Qualität und verweisen sie oft in den Bereich der Radiokunst oder Medienkunst. Die Sender bevorzugen traditionelle Produktionen mit starker redaktioneller und technischer Kontrolle und bieten Nachwuchsautoren nur begrenzte Chancen, es sei denn, sie haben sich bereits in anderen Medien einen Namen gemacht. Oehlschlägel bemängelt zudem den Wettbewerb „Plopp“ im Rahmen der Hörspielwoche, der Autorenproduktionen humoristisch als amateurhaft darstellt und so das etablierte System verteidigt. Dennoch betont er, dass diese Produktionen das Hörspielleben bereichern, indem sie neue künstlerische Ansätze ermöglichen – auch wenn eine völlige Abkehr von traditionellen Methoden zu einer Verarmung führen könnte.
Das Interview mit Caspar Oehlschlägel aus dem Jahr 2003 zeigt die Chancen und Herausforderungen von Autorenproduktionen im Hörspielbereich auf. Die angesprochenen Themen – technologischer Wandel, die Rolle der Sender, Qualitätsdebatten und neue Vertriebswege – werden auch 2025 relevant bleiben. Die Zukunft des deutschsprachigen Hörspiels liegt in der Balance zwischen Tradition und Innovation: Nur durch die Förderung unabhängiger Stimmen und die Nutzung technologischer Möglichkeiten kann diese Kunstform ihre Vielfalt und Relevanz bewahren.